Landeshauptstadt gedenkt der Opfer des NS-Regimes
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Am heutigen Mittwoch, 27. Januar, dem 76. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau, begehen die internationale Staatengemeinschaft den Gedenktag für die Opfer des Holocaust und die Bundesrepublik den Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus.
Das diesjährige Gedenken musste aufgrund Pandemie bedingten Einschränkungen auf einen kleinen Teilnehmerkreis beschränkt werden: So wurde der Erinnerungstag jenseits der breiten Öffentlichkeit in Anwesenheit von Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller, Dr. Oded Horowitz, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde, Dr. Bastian Fleermann, Leiter der Mahn- und Gedenkstätte, sowie Prof. Dr. Edeltraud Vomberg, Präsidentin der Hochschule Düsseldorf, mit einem Gedenkgang und einer stillen Kranzniederlegung begangen.
Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller: "Es ist mir ganz persönlich ein Anliegen, dass solche Gedenktage niemals vergessen werden. Wir müssen die Erinnerung an Auschwitz, an den Holocaust und alle anderen Verbrechen der Nazis wach halten. Deswegen ist es wichtig, dass wir allen Einschränkungen zum Trotz auch an diesem 27. Januar ein würdiges Zeichen der Erinnerung - auch an die Düsseldorfer Opfer des Holocaust - setzen."
Gedenken in Derendorf
Unter Einhaltung der aktuellen Coronaregelungen fand der Gedenkgang in Derendorf am heutigen Nachmittag statt. Er begann am Erinnerungsort Alter Schlachthof an der Hochschule Düsseldorf und führte zum Mahnmal am ehemaligen Güterbahnhof Derendorf. Dr. Joachim Schröder, der Leiter des Erinnerungsortes, erläuterte am Erinnerungsort zum Start des Gedenkgangs die historischen Hintergründe: In der ehemaligen Großviehhalle wurden vom Herbst 1941 bis zum September 1944 die zu deportierenden Menschen "gesammelt", bevor sie zu Fuß zum Abtransport am Güterbahnhof Derendorf gebracht wurden. Rund 6.000 jüdische Menschen aus der gesamten Region waren hiervon betroffen, nur wenige überlebten die Ghettos, Lager und Vernichtungsstätten.
Der Gedenkgang führte zum ehemaligen Güterbahnhof, über die Münster- und die Yorckstraße bis zum Holocaust-Mahnmal, Ecke Toulouser Allee/Marc Chagall-Straße. An der Stelle, an dem dieses 2012 eingeweihte Mahnmal steht, waren die Menschen in Personenwagen verladen und deportiert worden. Gemeinsam legten Oberbürgermeister Dr. Keller, Dr. Horowitz und Prof. Vomberg Kränze nieder. Aron Malinsky, der Kantor der Jüdischen Gemeinde, sang das Trauergebet "El male rachamim".
Ein Video zu diesem Thema finden Sie im Laufe des Tages auf YouTube unter: www.youtube.com/stadtduesseldorf
Am heutigen Spätnachmittag legte zudem Jakub Wawrzyniak, Generalkonsul der Republik Polen in Köln, einen Kranz am Mahnmal in Derendorf nieder. Der Generalkonsul ist seit Oktober 2019 Doyen des Konsularischen Korps in Nordrhein-Westfalen. Er wurde vom Leiter der Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte, Dr. Bastian Fleermann, begleitet. Jakub Wawrzyniak: "Unsere Worte werden niemals die Hölle oder das Grauen beschreiben können. Unsere Worte werden niemals dem Leid und dem Schmerz gerecht. Doch das stille Gedenken ist auch keine Option: die Wahrheit über den Holocaust darf nicht sterben. Sie darf nicht verzerrt oder für irgendeinen Zweck instrumentalisiert werden. Im Namen des heiligen Gedenkens an die Vernichtung der Juden und aus Respekt vor den anderen Opfern der Totalitarismen des 20. Jahrhunderts, unter denen auch Millionen meiner Landsleute sind - dürfen und wollen wir dies nicht tolerieren. Wir werden in unseren Bemühungen nicht nachlassen, damit die Welt diese Verbrechen nie vergisst. Damit nichts dergleichen wieder passiert."
Digitale Fotoaktion "#We remember"
Zudem beteiligte sich die Landeshauptstadt an der Online-Gedenkaktion "#WeRemember" des World Jewish Congress: Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller, Bürgermeister Josef Hinkel sowie die Bürgermeisterinnen Clara Gerlach und Klaudia Zepuntke ließen sich mit Schildern mit der Aufschrift "#WeRemember" in der Dauerausstellung der Mahn- und Gedenkstätte fotografieren und setzten so ein öffentliches Zeichen gegen den aktuellen Judenhass und Antisemitismus. An der Aktion beteiligten sich zudem unter anderem auch der Erinnerungsort Alter Schlachthof und die Mahn- und Gedenkstätte.
#LichterGegenDunkelheit
Darüber hinaus findet am heutigen Abend zum zweiten Mal die Aktion "Lichter gegen Dunkelheit" statt. Da die Kommunikation der Gedenkstätten und -initiativen nach außen momentan vor allem digital stattfinden muss, bietet die Seite www.lichter-gegen-dunkelheit.de die Möglichkeit, ein gemeinsames Zeichen in den öffentlichen Raum zu geben. Auch die Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf und der Erinnerungsort Alter Schlachthof werden nach Einbruch der Dunkelheit ein sichtbares Zeichen setzen und Teil dieser bundesweiten Aktion sein. Die Fenster der Mahn- und Gedenkstätte werden so farblich von innen beleuchtet. Zwischen 17 und 19 Uhr ist die Illumination an der Fassade zur Mühlenstraße am heutigen Mittwochabend zu sehen. Alle Fotos dazu gibt es auf den Social-Media-Kanälen der Gedenkstätte und unter dem Hashtag #lichtergegendunkelheit.
Digitales Lernen zur NS-Diktatur
Der Besuch außerschulischer Lernorte, wie der Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte oder des Erinnerungsortes an der Hochschule, ist für die Auseinandersetzung der Schülerinnen und Schüler mit der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands von großer Bedeutung. Hier wird deutlich, dass Ausgrenzung und Verfolgung in Düsseldorf – auf den Straßen, in den Schulen, vor der eigenen Haustür – stattgefunden haben. "Die Beschäftigung mit der NS-Zeit ist ein wesentliches Thema des Geschichtsunterrichts, darüber hinaus für Schülerinnen und Schüler aber auch essentiell, um aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen kritisch reflektieren zu können", erläutert Stadtdirektor und Schuldezernent Burkhard Hintzsche. In Zeiten des Distanzlernens dürfe die wichtige Aufgabe der historisch-politischen Bildung nicht in den Hintergrund treten. "Das Schulverwaltungsamt hat sich in einem Pilotprojekt zur 'virtual education' deshalb bewusst dafür entschieden, mit der Mahn- und Gedenkstätte zusammenzuarbeiten."
Ergebnis dieser Zusammenarbeit zwischen dem Schulverwaltungsamt, der Mahn- und Gedenkstätte und dem Düsseldorfer Medienunternehmen "Werft 6" ist ein digitaler Workshop in den virtuellen Räumlichkeiten der Mahn- und Gedenkstätte. Finanziell gefördert wurde das Pilotprojekt unter anderem vom Kulturdezernat, dem Schulverwaltungsamt und der BürgerStiftung Düsseldorf. Der Workshop steht Schülerinnen und Schülern sowie Lehrerinnen und Lehrern kostenfrei zur Verfügung und ist bereits in der Lernmanagementsoftware "itslearning" zu finden. Die Möglichkeiten zum Einsatz sind vielfältig: Von Einzelaufgaben über Gruppenarbeiten bis hin zu Projekttagen, an denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Mahn- und Gedenkstätte Klassen und Kurse per Videocall begleiten können. Im Workshop finden sich so konkrete Aufgabenstellungen sowie eine Vielzahl von historischen Fotos, Dokumenten und Audio-/Video-Beiträgen zu ausgewählten Lebensgeschichten von Düsseldorfer Kindern und Jugendlichen in der NS-Zeit. Schülerinnen und Schüler ab der 8. Klasse können sich so zum Beispiel mit der Geschichte Gary Wolffs, Überlebender der Shoa und Zeitzeuge, auseinandersetzen, historische Hintergründe recherchieren und auch die Perspektive seiner Enkel als Angehörige der "dritten Generation" kennenlernen.
Ein Trailer zur Entstehung des Projekts mit Impressionen des digitalen Rundgangs findet sich auf YouTube unter: www.youtube.com/stadtduesseldorf. Zudem kann der digitale Workshop auf der Website werft6.com/virtual-education-mug-duesseldorf ausprobiert werden. Dort finden sich auch weitere Fotos und der Trailer zum Projekt.
Die Mahn- und Gedenkstätte bietet Lehrerinnen und Lehrern am 19. und 26. Februar zudem Webinare zum digitalen Workshop an. Anmeldung werden bitte via E-Mail an nicole.merten@duesseldorf.de geschickt.
Auch der Erinnerungsort Alter Schlachthof, der ebenfalls derzeit wegen der Pandemie geschlossen ist, hat sich umgestellt und bereits verschiedene digitale Veranstaltungen und Workshops angeboten (siehe www.erinnerungsort-duesseldorf.de). In einem Biografie-Workshop etwa lernen junge Menschen, eigenständig Biografien von Verfolgten zu recherchieren und zu verfassen, die dann im Digitalen Archiv der Ausstellung des Erinnerungsortes präsentiert werden – so bleiben die Geschichten der Menschen in dauerhafter Erinnerung (www.erinnerungsort-duesseldorf.de/neuigkeiten). In Kooperation mit dem DGB-Bildungswerk bildet der Erinnerungsort online Teamerinnen und Teamer außerschulischer Bildungsorte sowie Lehrerinnen und Lehrer aus, die eigenständig Gedenkstättenfahrten vorbereiten (www.dgb-bildungswerk-nrw.de/seminare/d17-218111-195). "Diese online-Angebote können die persönliche Begegnung, den persönlichen Besuch eines Erinnerungsortes nicht ersetzen", so Dr. Joachim Schröder, "aber sie leisten einen wichtigen Beitrag, dass die Geschichte der NS-Terrorherrschaft nicht in Vergessenheit gerät."