Heinrich Heine kommt in der Düsseldorfer Altstadt zur Welt: In der Bolkerstraße, im Hinterhaus, das zur heutigen Nr. 53 gehörte, wird er geboren. An welchem Tag, in welchem Jahr, das wissen wir nicht genau. Manche Indizien sprechen für den 31. Januar 1798; der 13. Dezember 1797, der bis heute als mutmaßlicher Geburtstag gilt, ist eine wenig gegründete Hypothese seiner älteren Biographen. Nicht Heinrich, sondern Harry wird der Junge genannt, nach einem englischen Geschäftspartner des Vaters, und so heißt er bis zur protestantischen Taufe 1825, wo er die Namen Christian Johann Heinrich erhält.
Heines Mutter Betty stammt aus der angesehenen Düsseldorfer Bankiers- und Gelehrtenfamilie van Geldern, der Vater Samson Heine aus einer strenggläubigen norddeutschen Kaufmannsfamilie. Für seinen Sohn, der seiner stets sehr liebevoll gedenkt, verkörpert er Heiterkeit, Liebenswürdigkeit und Lebenslust bis zum Leichtsinn, während die ernste Mutter für Willenskraft, Moral und Disziplin steht. Die Eltern gehören der kleinen jüdischen Gemeinde an, die kaum ein Dutzend Familien zählt, weshalb es in Düsseldorf kein ausgesprochenes Judenviertel gibt. Ausgrenzungs-Erfahrungen bleiben Heine dennoch nicht erspart. Seine Herkunft aus einem jüdischen Elternhaus, sein hierorts wenig gebräuchlicher Vorname und sein rötliches Haar machen ihn zur Zielscheibe von jugendlichem Hohn und Spott.
Im Juni 1816 geht Heine für zwei Jahre nach Hamburg. Dort absolviert er im Bankhaus seines Onkels Salomon eine kaufmännische Lehre. 1817 werden seine ersten Gedichte gedruckt, die der Cousine Amalie gelten. Es ist eine unmögliche Liebe. Schon nach wenigen Monaten erfährt er aus dem Munde der Angebeteten: „Sie liebt mich nicht!“ 1818 richtet ihm sein Vater in zentraler Lage Hamburgs eine Kommissionshandlung für englische Manufakturwaren ein. In Düsseldorf nicht abgesetzte Waren sollen hier verkauft werden. Doch schon ein Jahr später muß Samson Heine hoher Schulden wegen sein Textilgeschäft in Düsseldorf aufgeben, wodurch auch Heines Hamburger Kaufmannskarriere ein jähes Ende nimmt.
Aufgrund der großzügigen Unterstützung seines Onkels kann sich Heine im Wintersemester 1819/20 als Student der Rechtswissenschaft an der Universität in Bonn einschreiben. Sein juristisches Studienziel verfolgt er nur beiläufig; vorrangig belegt er Vorlesungen über altdeutsche Literatur und Geschichte. Schon bald wird er in die Burschenschaft aufgenommen, die damals die einzige Gruppierung ist, die entschieden an der Forderung nach einem freien und geeinten Deutschland festhält. Nach zwei Semestern wechselt er an die Universität Göttingen, die er wiederum ein Semester später mit der Berliner Universität vertauscht. Erneut steht nicht das Fachstudium im Vordergrund, sondern das gesellschaftliche und kulturelle Leben und Erleben. Bald findet er Eingang in die literarisch-musikalischen Salons der preußischen Hauptstadt. In diese Zeit fallen seine ersten literarischen Erfolge. 1824 kehrt Heine an die Universität Göttingen zurück, wo er 1825 sein schriftliches Doktorexamen ablegt. Wenige Tage vor der abschließenden mündlichen Prüfung lässt er sich im benachbarten Heiligenstadt evangelisch taufen, wobei er den Vornamen Heinrich annimmt. Damit schafft Heine zunächst nicht mehr und nicht weniger als die Voraussetzung zur beruflichen Integration. Seine Hoffnungen auf eine Staatsanstellung oder eine Advokatur erfüllten sich indessen nicht.
1827 erscheint das "Buch der Lieder". Daß es einmal zu einem Kultbuch werden wird, ist vorerst nicht abzusehen. Es ist die funkelnde Prosa der "Reisebilder", die Heines Namen beim deutschen Publikum populär macht. Unmittelbar vor der französischen Revolution von 1830 werden sie zum Prototyp einer Denk- und Schreibweise, an die nachfolgende Schriftstellergenerationen unmittelbar anknüpfen können.
Im Mai 1831 verlegt Heine seinen Wohnsitz nach Paris. Schnell wird er hier mit führenden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens bekannt, Politikern, Bankiers, Künstlern und Wissenschaftlern. In den neuen geistigen und ideologischen Strömungen erblickt Heine Motoren des gesellschaftlichen Fortschritts. In dem Vierteljahrhundert, das er in Paris verlebt, zieht Heine ungewöhnlich oft um. Das von ihm bevorzugte Wohnviertel liegt in dem zum Montmartre-Hügel ansteigenden Stadtteil. In seiner Nachbarschaft leben viele bedeutende Schriftsteller und Künstler, darunter Théophile Gautier, George Sand, Frédéric Chopin, Franz Liszt, Alfred de Musset, Hector Berlioz, Eugène Delacroix und Théodore Géricault. Zur Lebensgefährtin wählt er sich ein junges Bauernmädchen, das es aus der Provinz nach Paris verschlagen hat und auf den Namen Augustine Crescence Mirat katholisch getauft ist. Weil Heine weder der eine noch der andere Vorname zusagt, belegt er sie umgehend mit einem eigenen Namen: Mathilde. Seit 1836 lebt das Paar zusammen.
Die Übersiedlung nach Paris eröffnet Heine die Möglichkeit zu umfassender publizistischer Betätigung. Dadurch verlagert sich der Schwerpunkt seiner literarischen Arbeit zunächst auf journalistische und literarische Prosa. Sein Hauptanliegen als politischer Publizist ist die gegenseitige Aufklärung der angeblichen „Erbfeinde“ Deutschland und Frankreich. In der "Romantischen Schule" (1835) gibt er eine Übersicht der deutschen Literatur von Lessing bis zu den Romantikern Arnim und Brentano. Ein kurzer Seitenblick gilt namhaften Vertretern der literarischen Avantgarde, wofür Heine seit 1833 den Schulbegriff des "Jungen Deutschland" gebraucht. Ebenfalls 1835 erscheint seine Abhandlung "Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland". Darin will Heine "die Phasen der deutschen Philosophie und zugleich ihre politische Bedeutung" verständlich machen. Als Folge der von Kant eingeleiteten philosophischen Umwälzung prophezeit er Deutschland eine baldige politische Revolution.
Mit seinen kritischen Deutschlandschriften erregt Heine die persönliche Aufmerksamkeit des preußischen Innenministers, der den Text als kriminelles Meisterstück "in Beziehung auf Styl und Darstellung" bezeichnet. Auf Anordnung des österreichischen Staatskanzlers Metternich holen die Behörden des Deutschen Bundes wenig später zu einem entscheidenden Schlag gegen die kritische Literatur aus: Mit dem Bundestagsbeschluß vom 10. Dezember 1835 wird zum ersten Mal in der deutschen Geschichte eine Gruppe von Autoren per Dekret an der Fortsetzung ihrer literarischen Tätigkeit gehindert oder zumindest - und das auf Jahre - großen Beschränkungen unterworfen.
In einer großangelegten Auseinandersetzung mit Ludwig Börne, seinem republikanischen Antipoden und Weggefährten des Exils, versucht Heine fünf Jahre später eine politische wie literarische Neubestimmung seines Standorts. Danach wendet er sich wieder stärker der Versdichtung zu, womit er auf die erneute Konjunktur der politischen Lyrik in Deutschland reagiert. Was Heine an der von ihm als "Tendenzpoesie" verhöhnten politischen Dichtung mißfällt, sind ein phrasenhaft unkonkreter Enthusiasmus, Poesielosigkeit und Bierernst sowie der einseitig nationale Kurs. Parallel entstehen die beiden großen Versepen: Während sich das humoristische Tierepos "Atta Troll" (1843/1847) mit der Pyrenäenlandschaft als südlicher Naturkulisse als "phantastisch zweckloses", romantisches "Waldlied" gibt, stellt "Deutschland. Ein Wintermärchen" (1844) eine scharfe Satire der deutschen Zustände dar. Es ist Heines eingehendster und brisantester Beitrag zur Deutschland- und Preußendiskussion der vierziger Jahre. Heine entwirft darin ein düsteres Bild von Deutschlands Gegenwart und ein noch dunkleres von seiner Zukunft.
Im Februar 1848 fegt eine Erhebung der Pariser Bevölkerung Ministerium und Thron hinweg, im Dezember wird Louis-Napoléon Bonaparte, der Großneffe des Kaisers, zum Präsidenten der Republik gewählt. Das Scheitern der von ihm mit großen Hoffnungen begleiteten Revolution geht mit einer rapiden Verschlechterung von Heines Gesundheitszustand einher. Ende Mai 1848 streckt ihn eine Lähmung für immer nieder und macht ihn zum Gefangenen seines häuslichen Krankenzimmers, das er selbst als "Matratzengruft" bezeichnet. Die politische und die körperliche Misere tragen erheblich zur Verdüsterung von Heines Zeit- und Geschichtshorizont bei. Zugleich führen sie zu einer Wiedererweckung seines religiösen Gefühls und zu einer Neubesinnung auf seine jüdische Identität. Obgleich oft tagelang von Schmerzen erschöpft und vom Morphium betäubt, beweist Heine selbst in seiner Krankheitsperiode eine ungebrochene Produktivität. Im Sommer 1851 kann er überraschend mit einem neuen Gedichtband, dem "Romanzero", hervortreten. Als neue Stoffbereiche werden die jüdische Tradition sowie die Geschichte ferner Länder und ferner Zeiten erschlossen.
Heinrich Heine stirbt am 17. Februar 1856 morgens gegen 5 Uhr. Still, prunklos, ohne religiöses Zeremoniell und ohne eine einzige Traueransprache, findet am 20. Februar 1856 auf dem Pariser Friedhof Montmartre die Beisetzung statt.
(Autor: Jan-Christoph Hauschild)