Im Folgenden haben wir einige Fragen und Antworten zur Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII (Sozialgesetzbuch, 8. Buch) für Sie zusammengestellt.
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1. Wer kann einen Antrag auf Eingliederungshilfe gemäß §35a SGB VIII stellen?
Antwort:
Es können Eltern / Personensorgeberechtigte - z.B. Vormund, Ergänzungspfleger, gesetzliche Betreuer -, Jugendliche ab dem Alter von 15 Jahren und Volljährige unter 21 Jahren können einen Antrag auf Eingliederungshilfe gem. §35a SGBVIII stellen.
Mit Vollendung des 15. Lebensjahres erlangen Jugendliche die allgemeine sozialrechtliche Handlungsfähigkeit nach § 36 Absatz 1 SGB I und können selbst Leistungen der Eingliederungshilfe beantragen. Allerdings sind die Personensorgeberechtigten zu informieren. Sie können die Handlungsfähigkeit des Jugendlichen einschränken.
Da es sich im Verfahren um eine Entscheidung von erheblicher Bedeutung für das Kind oder den Jugendlichen handelt, ist immer die Zustimmung aller Sorgeberechtigten erforderlich.
Leistungsberechtigt ist immer das Kind bzw. der Jugendliche.
Grundlegende Voraussetzung ist, dass bei dem Kind bzw. dem Jugendlichen ausschließlich eine diagnostizierte, psychische Störung vorliegt.
2. Wo kann ich einen Antrag auf Eingliederungshilfe gemäß §35a SGB VIII stellen?
Antwort:
Sie können einen Antrag beim Jugendamt, Sachgebiet Eingliederungshilfe, Willi-Becker-Allee 7 in 40227 Düsseldorf, stellen.
Das Servicetelefon ist unter der Rufnummer 0211 - 8994950 erreichbar.
Die E-Mail-Adresse lautet jugendamt.eingliederungshilfe@duesseldorf.de,
die Faxnummer lautet 0211 - 8934950.
3. Wann kann ich einen Antrag auf Eingliederungshilfe gemäß §35a SGB VIII stellen bzw. mich beraten lassen?
Antwort:
Die Servicezeiten sind Dienstag 9 bis 12 Uhr und Donnerstag 13 bis 16 Uhr.
Persönliche Vorsprachen erfolgen nach telefonischer Terminvergabe.
Am Servicetelefon erhalten Sie eine qualifizierte Erstberatung und Informationen zum Verfahren.
4. Was sind Aufgabe und Ziel einer Eingliederungshilfe gem. §35a SGBVIII?
Antwort:
Aufgabe und Ziel von Eingliederungshilfe ist es, eine drohende seelische Behinderung zu verhüten oder eine seelische Behinderung und deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die seelisch behinderten Kinder und Jugendliche in die Gesellschaft einzugliedern.
Hierzu gehört insbesondere den seelisch behinderten Kinder und Jugendlichen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen eine angemessene Schulbildung und die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen.
5. Wer ist für was zuständig?
Antwort:
Maßgeblich für die Zuständigkeit der Jugendhilfe sind die Bestimmungen des Sozialgesetzbuches VIII (SGB VIII), des ersten Ausführungsgesetzes zum KJHG NW (AG-KJHG), des Sozialgesetzbuches IX und des Ausführungsgesetzes zum SGBIX (AG-SGBIX NRW).
Vor diesem Hintergrund leistet das Jugendamt Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche nach §35a SGB VIII in Nordrhein-Westfalen erst nach Einschulung. Bezeichnet werden sie als Träger der öffentlichen Jugendhilfe.
Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn:
- ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
- daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieses Buches sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
Die Einschätzung ob eine (drohende) Teilhabebeeinträchtigung beim Kind oder dem Jugendlichen vorliegt, wird vom Jugendamt getroffen.
Bei der Gewährung von Hilfen ist zudem zu beachten, dass es keine vorrangigen Leistungsverpflichtungen anderer Sozialleistungsträger und der Schulen gibt.
Maßnahmen der Frühförderung für Kinder, die noch nicht eingeschult sind, sind unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von den Trägern der Eingliederungshilfe (ehemalige Sozialhilfeträger) zu gewähren.
Für Kinder, Jugendliche und junge Volljährige mit einer körperlichen oder geistigen oder Mehrfachbehinderung besteht ebenfalls eine Zuständigkeit des Trägers der Eingliederungshilfe (ehemalige Sozialhilfeträger).
Für junge Volljährige bis maximal 21 Jahre, die seelisch behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, besteht die Zuständigkeit der Jugendhilfe, sofern die Voraussetzungen des § 41 SGB VIII "Hilfe für junge Volljährige" und die Voraussetzungen des § 35a SGB VIII "Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche" erfüllt sind. Die individuelle Situation des jungen Volljährigen muss durch Einschränkungen in der Persönlichkeitsentwicklung und in der Fähigkeit ein eigenständiges Leben zu führen gekennzeichnet sein. Die beantragte Hilfe muss zudem geeignet sein, die Ziele inhaltliche Autonomie und Selbstständigkeit sowie die Ziele der Eingliederungshilfe in einem begrenzten Zeitraum zu erreichen. Voraussetzung für die Hilfe ist die Mitwirkungsbereitschaft des jungen Volljährigen.
6. Welche Unterlagen werden benötigt?
Antwort:
Der Bericht eines:
- Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie oder
- Kinder- und Jugendpsychotherapeuten oder
- Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt.
Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Die Hilfe darf nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.
Siehe Formular >>Stellungnahme für das Jugendamt<< (hier im Downloadbereich).
Bei beantragten schulischen Hilfen (z.B. Integrationshilfe, außerschulische Förderung) wird immer ein Schulbericht benötigt.
Siehe Formular >>Stellungnahme der Schule<< sowie >>Förder- und Entwicklungsplan<< (hier im Downloadbereich).
Die Unterlagen sollten nicht älter als 6 Monate sein.
7. Welche Hilfen kann ich beantragen?
Antwort:
Hilfen:
- in ambulanter Form,
- in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
- durch geeignete Pflegepersonen und
- in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
8. Wie sieht das weitere Vorgehen nach der Antragstellung aus?
Antwort:
1. Das Jugendamt holt die fehlenden, anspruchsbegründenden Unterlagen (fachärztliche Stellungnahme und Schulbericht) ein.
2. Liegt eine Abweichung von der seelischen Gesundheit vor, prüft das Jugendamt auf der Basis einer sozialpädagogischen Diagnostik, ob dadurch die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist. Hierfür werden sogenannte Anamnesegespräche in der Familie, in der Schule oder im Jugendamt geführt. Erst wenn alle anspruchsbegründenden Unterlagen und die sozialpädagogische Diagnostik vorliegen, kann eine Bewilligung der Hilfe durch das Jugendamt erfolgen.
9. Wie lange dauert die Prüfung meines Antrages?
Antwort:
Dies ist individuell zu sehen. Der Eingang der Unterlagen, Mitwirkung der Eltern / Hilfeempfänger / Helfersystem / Schulen können diesen Prozess positiv beeinflussen.
10. Was ist der Unterschied zwischen einer Eingliederungshilfe und einer Erziehungshilfe?
Antwort:
Eine Eingliederungshilfe ist für das Kind / Jugendlicher / Volljähriger Hilfeempfänger zu sehen. Diese Hilfe soll eine seelische Behinderung vermeiden bzw. diese mildern oder beseitigen.
Eine Erziehungshilfe richtet sich in erster Linie an die Eltern, die Hilfe soll sich auf das Erziehungsverhalten der Eltern auswirken. Bei jungen Volljährigen trägt eine Erziehungshilfe zum Beispiel zur Verselbständigung bei.
11. Ein Beispiel: Mein Kind benötigt eine Integrationshilfe, was nun?
Antwort:
Sie melden sich beim Jugendamt und teilen ihr Anliegen mit. Das Jugendamt wird erfragen, ob sich ihr Kind in psychologischer, psychiatrischer o. psychotherapeutischen Behandlung befindet und ob Ihnen bereits Diagnosen ihres Kindes bekannt sind. Sollte ihr Kind in keiner o.g. Behandlung sein, ist von einer Antragstellung zum jetzigen Zeitpunkt abzuraten. Die Genehmigung einer Leistung der Eingliederungshilfe kann ausschließlich nur mit der vorliegenden Diagnose einer psychischen Störung erfolgen.
Im weiteren Verlauf werden die Schule und die psychologische Praxis durch das Jugendamt um einen Bericht gebeten. Sie werden mit Ihrem Kind zum Jugendamt eingeladen und es beginnt das Anamneseverfahren (s.o.). Dieses Verfahren dient der Feststellung sozialer Daten (z.B. gab es in der Vergangenheit z.B. Störungen im Sozialverhalten etc). Im Anschluss daran werden alle Unterlagen gesichtet und es kommt zu einer Entscheidung: die Hilfe wird bewilligt oder abgelehnt.
Bei einer Ablehnung erhalten Sie zunächst eine Ankündigung der Ablehnung, sofern der Sachverhalt bestehen bleibt, folgt darauf der Ablehnungsbescheid. Bei einer Bewilligung werden Sie ebenfalls benachrichtigt, es wird ein I - Helfer gesucht und ein Hilfeplangespräch mit Ihnen, ihrem Kind, der Schule, dem Träger der Integrationshilfe und dem Jugendamt geführt. Danach kann die Hilfe zum vereinbarten Zeitpunkt starten.
12. Besondere Hinweise
1. Teilleistungsstörungen Dyskalkulie / LRS bei Grundschulkindern
Bei Teilleistungsstörungen wie Dyskalkulie / LRS ist es vorrangig Aufgabe der Schule, das Schulkind adäquat zu fördern. Reicht bei Grundschulkindern die Förderung an der Heimatgrundschule nicht aus, besteht die Möglichkeit einer Förderung durch die in Düsseldorf verteilten Standortschulen. Diese Förderung wird von qualifizierten Lerntherapeuten an den Standortschulen durchgeführt. Ihre Schule wird Sie hier auf Anfrage informieren.
2. Teilleistungsstörungen ohne psychische Störung
Teilleistungsstörungen wie Legasthenie / Dyskalkulie stellen als solche noch keine seelische Störung im Sinne von § 35a SGB VIII dar. Jedoch können als Folge derartiger Teilleistungsschwächen psychische Störungen eintreten (sogenannte sekundäre Neurotisierung), die zu einer seelischen Behinderung führen können. Fehlt eine psychische Störung führt dies zur Ablehnung von Leistungen gem. §35a SGBVIII. Die für eine Kostenübernahme ebenfalls erforderliche Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft setzt eine seelische Störung voraus, die so intensiv ist, dass sie über bloße Schulprobleme und Schulängste, die andere Kinder teilen, in behinderungsrelevanter Weise hinausgeht, z.B. eine auf Versagungsängsten beruhende Schulphobie, eine totale Schul- und Lernverweigerung oder den Rückzug aus jedem sozialen Kontakt und der Vereinzelung in der Schule. Die seelische Störung muss nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv sein, dass dadurch die Fähigkeit des Kindes oder Jugendlichen zur Eingliederung in die Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist. Bloße Schulprobleme, schlechte Noten oder Schulängste genügen hierfür nicht.
3. Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS)
Das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) stellt für sich genommen keine seelische Behinderung dar. Ist dies das einzig diagnostizierte Störungsbild, so wird die Kostenübernahme abgelehnt.