Eingewöhnung

Eingewöhnung

Bei der Tagespflege ist sehr wichtig, schrittweise vorzugehen. Die folgenden Hinweise gelten vor allem für jüngere Kinder bis zum Alter von drei Jahren. Aber auch wenn Ihr Kind etwas älter ist, können Sie hier Anregungen finden.

Das Kind begleiten

Begleiten Sie Ihr Kind am Anfang einige Tage zur Tagesperson. Sie müssen gar nicht viel tun. Ihre bloße Anwesenheit im Raum genügt, um für das Kind einen "sicheren Hafen" zu schaffen, in den es sich jederzeit zurückziehen kann, wenn es sich überfordert fühlt. Wenn Mutter, Vater oder eine andere Bezugsperson still in der Ecke des Raumes sitzen und das Kind beobachten, hat es alles, was es braucht. Auf dieser Basis kann Ihr Kind seine Ausflüge in die neue Welt machen.

Vor allem anwesend sein

Wenn Ihr Kind schon krabbeln oder laufen kann, erlauben Sie ihm, von Ihnen weg zu gehen und zu Ihnen zu kommen - so wie es will. Drängen Sie es zu keinem bestimmten Verhalten. Lesen oder stricken Sie nicht, und überlassen Sie die Sorge um die anderen Kinder getrost der Tagesperson. Genießen Sie es einfach, Ihr Kind bei seiner Erkundung der neuen Umgebung zu beobachten.

Die Fröhlichkeit und Gelassenheit Ihres Kindes heißt nicht, dass Ihre Anwesenheit nicht notwendig ist. Ihr Kind wirkt so unbeschwert, weil Sie dabei sind. Sein Verhalten würde sich in den meisten Fällen sofort ändern, wenn Sie während der ersten Tage fortgingen.

Unterstützen Sie das Interesse des Kindes an der Tagespflegeperson. Als Mutter oder Vater haben Sie einen sehr großen Einfluss auf Ihr Kind. Wenn Sie freundlich zur Tagesmutter sprechen, wird Ihr Kind es bemerken und entspannter an die neue Situation herangehen.

Schutzsuche erwidern

Werden Kinder im ersten und zweiten Lebensjahr überfordert oder durch etwas Unerwartetes irritiert, suchen sie meistens Schutz bei ihrer Bezugsperson. Sie weinen oder rufen, laufen ihr nach, heben die Arme, schmiegen oder klammern sich an oder suchen auf andere Weise körperliche Nähe. Je nachdem, wie stark das Kind beunruhigt war, findet es im engen Körperkontakt oder durch bloßen Blickkontakt sein inneres Gleichgewicht wieder.

Eine fremde Person, auch die Tagesperson, kann das Kind in der ersten Zeit meistens nicht beruhigen. Sie sollten deshalb in der Anfangszeit die Schutzsuche erwidern - bis die Tagespflegeperson selbst in der Lage ist, Ihr Kind in dieser Weise zu beruhigen.

Machen Sie sich keine Gedanken über die Gründe der Schutzsuche. Gehen Sie zunächst einmal davon aus, dass das Kind schon einen Grund haben wird. Es überrascht immer wieder, dass ein Kind, das sich eben noch weinend an Mutter oder Vater angeklammert hat, oft schon nach wenigen Augenblicken wieder löst und seine Erkundung der neuen Umgebung fortsetzt.

Wenn Ihr Kind in einer solchen Situation Ihre Nähe sucht, sollten Sie es nicht drängen, sich wieder zu lösen. In diesem Fall würden Sie in der Regel das genaue Gegenteil erreichen, nämlich erneutes Anklammern. Ruhiges Abwarten, bis sich Ihr Kind von allein wieder der Umgebung zuwendet, ist die beste (und schnellste) Methode.

Lassen Sie Ihr Kind die neue Umgebung selbst entdecken

Kinder reagieren sehr unterschiedlich auf eine neue Umgebung. Die einen wenden sich anfangs vielleicht vorsichtig und zögernd, die anderen ohne Bedenken und energisch allem Neuen zu. Das hängt vom Temperament und der Vorerfahrung des Kindes ab. Sie sollten in jedem Fall das Verhalten Ihres Kindes akzeptieren. Nicht selten finden sich übrigens die Kinder, die zunächst eher ängstlich wirken, später am besten in die neue Umgebung hinein. Kinder lernen eine neue Umgebung am schnellsten kennen, wenn sie nicht gedrängt werden.

Der Übergang

Innerhalb kurzer Zeit macht sich Ihr Kind nicht nur mit den neuen Räumen vertraut, sondern auch mit der Tagesmutter. Es baut innerhalb kurzer Zeit zur Tagesmutter eine ähnliche Beziehung auf, so dass auch die Tagesmutter nach einiger Zeit die Funktion der "sicheren Basis" für das Kind übernehmen kann. Die Tagesmutter kann nun Ihr Kind trösten, wenn es weint. Erst wenn Ihr Kind eine Beziehung dieser Art aufgebaut hat, kann es auf Ihre Anwesenheit in der Tagespflegestelle verzichten.

Wie lange sollten Sie Ihr Kind begleiten?

Bei kleinen Kindern, in den meisten Fällen etwa 14 Tage, im Einzelfall auch mal 3 Wochen, bei manchen Kindern reichen 6 Tage. Weniger als 6 Tage sind in der Regel zu kurz. Man kann sich bei der Entscheidung darüber, wie lange man das Kind begleitet, am Verhalten des Kindes orientieren:

Wendet sich ein Kind häufig an den begleitenden Elternteil, sucht es Blickkontakt zu ihm, sucht es bei Verdruss seine Nähe und beruhigt sich schnell im Körperkontakt mit Mutter oder Vater, sollte man eine Zeit von 14 Tagen ins Auge fassen. Wenn das Kind sehr ängstlich reagiert, auch mal drei Wochen. Nach einem ersten kurzen Fernbleiben am 4. Tag sollten sich in diesem Fall Mutter oder Vater von Beginn der zweiten Woche an (jedoch niemals an einem Montag!) zunächst für kurze, allmählich länger werdende Zeiten verabschieden. Sie sollten jedoch zunächst in der Tagespflegestelle bleiben, um notfalls zur Stelle zu sein, falls das Kind Probleme hat, die die Tagesmutter noch nicht lösen kann.

Macht das Kind eher den Eindruck, dass es von sich aus bemüht ist, nach Möglichkeit ohne die Eltern auszukommen, zeigt es sich bei den ersten Trennungen (nicht vor dem 4. Tag!) eher unbeeindruckt, dann sind 6 Tage wahrscheinlich ausreichend und eine längere Zeit würde unter Umständen eher schaden als nützen.

Es genügt, wenn Sie mit Ihrem Kind in den ersten Tagen für ein oder zwei Stunden bei den Tageseltern sind.

Der erste Trennungsversuch

In den ersten drei Tagen machen Sie besser noch keine Trennungsversuche. Die ersten drei Tage scheinen für die Eingewöhnung des Kindes eine besonders wichtige Rolle zu spielen und sollten nicht durch eine Trennung belastet werden.

Am vierten Tag können Sie versuchen, sich für kurze Zeit vom Kind zu verabschieden und den Raum zu verlassen. Die Reaktion Ihres Kindes auf diesen ersten wirklichen Trennungsversuch in der neuen Umgebung enthält wichtige Anhaltspunkte über die richtige Dauer der Eingewöhnungszeit. Wenn Ihr Kind weint, wenn Sie den Raum verlassen, gehen Sie trotzdem hinaus, bleiben aber in der Nähe der Tür. Wenn die Tagesmutter Ihr Kind nicht innerhalb von wenigen Augenblicken beruhigen kann, gehen Sie wieder zurück.

Wann ist die Eingewöhnung geglückt?

Die Eingewöhnungszeit ist abgeschlossen, wenn die Tagesmutter Ihr Kind im Ernstfall trösten kann. Das muss nicht heißen, dass Ihr Kind nicht mehr weint, wenn Sie sich nach dem Bringen von ihm verabschieden (was Sie immer tun sollten: das Vertrauen Ihres Kindes zu Ihnen steht hier auf dem Spiel!). Es drückt damit aus, dass es Sie lieber in der Tagespflegestelle dabei hätte, und das ist sein gutes Recht. Es wird sich jedoch nach Abschluss der Eingewöhnungszeit von der Tagesmutter beruhigen lassen, wenn Sie gegangen sind.

Anfangs nur halbtags

Wenn irgend möglich, sollten Sie Ihr Kind zumindest in den ersten Wochen nur halbtags in der Tagespflegestelle betreuen lassen. Bedenken Sie, dass auch bei einer gut verlaufenden Eingewöhnungszeit Ihr Kind all seine Kraft und sein Können braucht, um sich mit den neuen Verhältnissen vertraut zu machen. Eine Ganztagsbetreuung von Anfang an erschwert Ihrem Kind diese Aufgabe.

Der richtige Zeitpunkt der Eingewöhnung

Beginnen Sie mit der Eingewöhnung besser nicht erst kurz vor Beginn Ihrer Berufstätigkeit. Planen Sie etwa 4-6 Wochen ein, damit Sie auf unvorhergesehene Ereignisse noch reagieren können.

Die Eingewöhnungszeit sollte nicht mit anderen Veränderungen in der Familie (wie beispielsweise Geburt oder Schuleintritt eines Geschwisterkindes, Umzug der Familie oder ähnliche Ereignisse) zusammenfallen. Das könnte Ihr Kind überfordern.

Verschieben Sie die Eingewöhnungszeit bei Erkrankung Ihres Kindes. Erkrankungen (auch scheinbar geringfügige, wie beispielsweise Erkältungen) beeinträchtigen das Interesse und die Fähigkeit des Kindes, sich mit der neuen Umgebung auseinanderzusetzen.

Montags nie, heißt die Devise für alle neuen Aktivitäten im Rahmen der Eingewöhnung. Dies gilt besonders für das Schlafenlegen und das erste Alleinbleiben des Kindes in der neuen Umgebung. Kindern fällt es am Wochenbeginn besonders schwer, sich wieder in der noch nicht hinreichend vertrauten Umgebung zurecht zu finden, nachdem sie ein Wochenende zu Hause mit den Eltern verbracht haben.

Wer sollte die Eingewöhnung machen?

Falls das Kind besondere Schwierigkeiten hat, sich von einem der beiden Eltern zu trennen, könnte es sinnvoll sein, dass der andere Elternteil das Kind in der Eingewöhnungszeit begleitet. Es ist durchaus möglich, dass sich ein Kind in Begleitung des Vaters leichter in die neue Umgebung eingewöhnt als mit seiner Mutter (oder umgekehrt).

Immer verabschieden

Wenn Sie Ihr Kind zu den Tageseltern gebracht haben, gehen Sie bitte nicht fort, ohne sich von Ihrem Kind zu verabschieden. Sie setzen das Vertrauen Ihres Kindes zu sich aufs Spiel und müssen damit rechnen, dass Sie Ihr Kind nach solchen Erfahrungen nicht aus den Augen lässt oder sich "vorsichtshalber" an Sie klammert, um Ihr unbemerktes Verschwinden zu verhindern.

Wenn Sie sich verabschieden, mag es sein, dass Ihr Kind weint oder auf andere Weise versucht, Sie zum Bleiben zu bewegen bzw. mitgenommen werden will. Es ist das gute Recht des Kindes, zu versuchen, eine geschätzte und geliebte Person zu veranlassen, bei ihm zu bleiben. Wenn die Eingewöhnungszeit abgeschlossen ist und das Kind eine vertrauensvolle Beziehung zur Tagesmutter aufgebaut hat, wird es sich nach Ihrem Weggang rasch trösten lassen und die Zeit in der Tagespflegestelle in guter Stimmung verbringen.

Halten Sie bitte Ihren Abschied kurz und ziehen sie ihn nicht unnötig in die Länge. Sie würden Ihr Kind mit einem solchen Verhalten nur belasten. Kinder reagieren auf einen kurzen Abschied mit weniger Stress.

(überarbeitet nach Hans-Joachim Laewen, Beate Andres & Eva Hedervari, "Ohne Eltern geht es nicht. Die Eingewöhnung von Kindern in Krippen und Tagespflegestellen." FIPP-Verlag, Berlin 1990)
entnommen: http://www.iska-nuernberg.de/