Helmut-Käutner-Preis für Monika Treut
| Kultur
Die Regisseurin, Produzentin und Autorin Monika Treut wird mit dem Helmut-Käutner-Preis 2025 der Landeshauptstadt Düsseldorf ausgezeichnet. Die Jury des Preises hat dies am Samstag, 30. November 2024, in ihrer Sitzung im Filmmuseum Düsseldorf entschieden. Der Preis wird zum 18. Mal verliehen und ist mit 10.000 Euro dotiert.
Die Nachricht über die Jury-Entscheidung teilte Miriam Koch, Beigeordnete für Kultur und Integration, der Preisträgerin telefonisch mit.
Monika Treut: "Ich bedanke mich sehr herzlich für die Auszeichnung mit dem Helmut-Käutner-Preis und bin gleichzeitig überrascht, als Außenseiterin des deutschen Kinos diese Anerkennung zu bekommen. Mit Helmut Käutner verbindet mich die Unabhängigkeit vom herrschenden Zeitgeist und mein Engagement für Aufklärung und das Konzept Freiheit.“
Beigeordnete für Kultur und Integration, Miriam Koch: "Mit Monika Treut ehren wir eine Pionierin des queeren und feministischen Kinos. Treut setzte sich von Beginn ihrer Karriere an mit queeren Themen auseinander, zeigte dabei unkonventionelle Frauenbilder und prägte mit ihrer Arbeit das deutsche Kino. Ich freue mich sehr, dass die Landeshauptstadt Düsseldorf ihr Schaffen und Wirken mit dem Helmut-Käutner-Preis 2025 ehren wird."
In der Begründung der Jury heißt es: "Mit großer Freude vergeben wir den Helmut-Käutner-Preis an Monika Treut für ihr kontinuierliches Engagement als unabhängige Künstlerin, die den deutschen Film im dokumentarischen und fiktionalen Bereich seit vier Jahrzehnten weiterentwickelt. Sie gilt als Pionierin eines feministischen, queeren Kinos. Dabei denkt Monika Treut ihre Themen stetig weiter, engagiert sich für soziale und politische Belange und erlangte so weltweit Anerkennung. Von Beginn an richtete sie ihren Blick auch auf internationale Phänomene und drehte u.a. in den USA und Taiwan. Ihre Filme über sexuelle Identitätspolitik erweisen sich gerade rückblickend als zukunftsweisend und erstaunlich aktuell.“.
Die Verleihung des 18. Helmut-Käutner-Preises findet voraussichtlich im Frühsommer 2025 statt. Der genaue Termin wird rechtzeitig bekannt gegeben.
Monika Treut - Kurzvita
Monika Treut (geboren 1954) hat durch ihre Arbeit das queere und feministische Kino in Deutschland maßgeblich geprägt. Nach dem Abitur 1972 studierte sie Germanistik und Politikwissenschaften in Marburg, wo sie 1978 mit einem Staatsexamen abschloss. Schon während ihres Studiums arbeitete sie an Medienzentren in Marburg, Frankfurt und Berlin und organisierte Filmvorführungen und Video-Dokumentationen. 1984 promovierte sie über die Frauenbilder bei de Sade und Sacher-Masoch. Noch im selben Jahr gründete sie mit ihrer damaligen Partnerin, der Regisseurin und Kamerafrau Elfi Mikesch, die Filmproduktionsfirma "Hyäne I/II" und gab mit dem experimentellen Spielfilm "Verführung: Die grausame Frau" (1985) ihr Kinodebüt. Der Film, der weibliche Lust und sado-masochistische Fantasien thematisiert, löste internationale Kontroversen aus und gilt als ein zentrales Werk des queeren Kinos.
Es folgten weitere Werke wie "Die Jungfrauenmaschine" (1988), die den Blick auf das selbstbestimmte Liebesleben von Frauen in San Francisco warf, und "My Father Is Coming" (1991), eine multikulturelle Komödie. Treut wendete sich ab den frühen 1990er Jahren dem Dokumentarfilm zu, mit dem sie einige ihrer wichtigsten Arbeiten realisierte. In Filmen wie "Female Misbehavior" (1992) und "Gendernauts – Eine Reise durch die Geschlechter" (1999) porträtierte sie radikale Frauen und die Trans* Bewegung in San Francisco. 2001 beschäftigte sie sich in "Kriegerin des Lichts" mit der Künstlerin Yvonne Bezerra de Mello und ihrer Arbeit mit Straßenkindern in Brasilien. Ihre Aufmerksamkeit galt auch der Kultur Taiwans, was sie in "Ghosted" (2009) und "Das Rohe und das Gekochte" (2012) verarbeitete.
Ab 2001 verstärkte sich ihr Engagement für politische Themen, etwa in "Zona Norte" (2016), das die Entwicklung eines alternativen Schulprojekts in Rio de Janeiro dokumentiert. 2021 kehrte sie in "Genderation" zu den Pionier*innen der Trans* Bewegung zurück und zeigte die Auswirkungen der Gentrifizierung auf die Community in San Francisco. Treuts Arbeiten zeichnen sich durch eine fortwährende Auseinandersetzung mit Geschlecht, Sexualität und gesellschaftlichen Normen aus.
Neben ihrer Filmarbeit war Treut in den USA als Dozentin tätig, unter anderem an Kunstinstituten wie dem San Francisco Art Institute und an Universitäten wie Cornell und Chicago. Zwischen 2018 und 2023 vertrat sie eine Professur für Medien an der Universität Hildesheim. Ihre Filme wurden weltweit auf Festivals gezeigt, und ihr Werk wurde in mehr als 20 Retrospektiven gewürdigt. Monika Treut ist Mitglied der Deutschen Filmakademie, der Freien Akademie der Künste Hamburg und der ProQuote Film.
Filmografie (Auswahl)
1981: Wie geht das Kamel durchs Nadelöhr?
1983: Unknown Gender – Das dritte Geschlecht
1983: Bondage
1985: Verführung: Die grausame Frau/Seduction: The Cruel Woman
1988: Die Jungfrauenmaschine/Virgin Machine
1989: Annie
1991: My Father is Coming
1992: Max
1992: Dr. Paglia
1992: Female Misbehavior
1994: Let’s Talk About Sex/Erotique
1994: Taboo Parlour
1996: Danish Girls show everything
1997: Didn’t do it for Love
1999: Gendernauts – eine Reise durch das Land der Neuen Geschlechter
2001: Kriegerin des Lichts/Warrior of Light
2003: Begegnung mit Werner Schroeter/Encounter With Werner Schroeter
2004: Axensprung: Ein Reisetagebuch/Jumpcut: A Travel Diary
2005: Den Tigerfrauen wachsen Flügel/Tigerwomen Grow Wings
2005: Made In Taiwan
2009: Ghosted
2012: Das Rohe und das Gekochte/The Raw and the Cooked (Dokumentarfilm)
2014: Von Mädchen und Pferden/Of Girls and Horses
2016: Zona Norte
2021: Genderation
Auszeichnungen (Auswahl)
1989: Bester Spielfilm und Darstellerpreis für die Hauptdarstellerin Ina Blum beim Internationalen Filmfestival Turin für "Die Jungfrauenmaschine"
1991: Bester Spielfilm, Internationales Filmfestival Turin für "My Father is Coming"
1993: John Babuscio Award Britisches Filminstitut London für ihr Gesamtwerk
1999: Spezialpreis der Teddy-Jury Berlin für "Gendernauts", Publikumspreis Internationales Filmfestival Turin, Publikumspreis, Mix Brasil Sao Paolo
2003: Publikumspreis Dokumentarfilmfestival Thessaloniki für "Kriegerin des Lichts"
2007: Bester Dokumentarfilm, San Diego Women’s Film Festival für "Den Tigerfrauen wachsen Flügel"
2009: Special Achievement Award, Gay and Lesbian Filmfestival Turin für "Ghosted"
2016: Bester Spielfilm, Equinale für "Von Mädchen und Pferden"
2017: Spezialpreis der Teddy-Jury, Internationale Filmfestspiele Berlin für ihr Lebenswerk
2017: Special Achievement Award TLVfestival Tel Aviv International LGBT Filmfestival
2021: Panorama Publikumspreis, Berlinale, für "Genderation"
2021: Premio de Honor, Madrid, 26 LESGAICINEMAD
2022: SiStar Filmpreis
2024: Premio Nino Gennaro, Sicilia Queer Filmfest
Hintergrund
Der Helmut-Käutner-Preis wird, wie es in der Satzung heißt, verliehen an "Persönlichkeiten, die durch ihr Schaffen die Entwicklung der deutschen Filmkultur nachdrücklich unterstützen und beeinflussen, ihr Verständnis gefördert und zu ihrer Anerkennung beigetragen haben". Der Filmpreis der Landeshauptstadt erinnert an den in Düsseldorf geborenen Regisseur Helmut Käutner (1908 Düsseldorf - 1980 Castellina, Italien). Bekannt wurde Käutner mit Filmen wie "Die große Freiheit Nr. 7", "Unter den Brücken", "Des Teufels General" oder "Wir Kellerkinder".
Die Jury des Helmut-Käutner-Preises tagte am Samstag, 30. November 2024. Ihr gehörten an: Als Vertreterinnen und Vertreter des Kulturausschusses Marcus Münter, Karin Trepke, Cornelia Mohrs; ferner Miriam Koch, Beigeordnete für Kultur und Integration, Bernd Desinger, Leiter des Filmmuseums Düsseldorf, Bettina Schoeller-Bouju, Produzentin und Regisseurin, Prof. Dr. Marcus Stiglegger, Film- und Kulturwissenschaftler, Publizist, Daniela Abke, Regisseurin und Produzentin.
Hinweis: Die Jury-Mitglieder Walid Nakschbandi, Film- und Medienstiftung NRW, und Ruth Schiffer, Landesregierung NRW, waren verhindert und konnten an der Sitzung nicht teilnehmen.
Die bisherigen Käutner-Preisträgerinnen und Preisträger
2022: Michael Verhoeven, Autor, Produzent und Regisseur
2019: Caroline Link, Regisseurin und Drehbuchautorin
2017: Margarethe von Trotta, Filmregisseurin und Schauspielerin
2015: Ulrich Tukur, Schauspieler und Musiker
2013: Christian Petzold, Regisseur
2010: Christoph Schlingensief, Film-, Theater-, Opern- und Fernsehregisseur, Aktionskünstler
2007: Dieter Kosslick, Leiter der Internationalen Filmfestspiele Berlin
2004: Wim Wenders, Filmregisseur
2001: Hannelore Hoger, Schauspielerin
1999: Rudolf Arnheim, Kultur- und Medienkritiker
1995: Hanns Eckelkamp, Filmproduzent und Verleiher; Enno Patalas, Filmkritiker und –kurator; Wolf Donner, Filmpublizist
1993: Hildegard Knef, Schauspielerin und Autorin
1990: Wolfgang Kohlhaase, Drehbuchautor und Schriftsteller
1988: Ulrich Gregor, Co-Direktor der Internationalen Filmfestspiele Berlin sowie Hilmar Hoffmann, Gründer der westdeutschen Kurzfilmtage Oberhausen, Kulturdezernent der Stadt Frankfurt, Präsident der Goethe-Institute
1986: Bernhard Wicki, Film- und Fernsehregisseur, Schauspieler
1984: Wolfgang Staudte, Film- und Fernsehregisseur
1982: Lotte Eisner