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Kultur

Zur Ausstellung "Entrechtet und beraubt. Der Kunsthändler Max Stern"

Provenienzforschung zu den Kunsthändlern Julius und Max Stern in den städtischen Kunstsammlungen Düsseldorf

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Erstellt:
Redaktion: Ilgenstein, Valentina

Nach aktuellem Forschungsstand befinden sich heute 36 Gemälde und 208 Papierarbeiten in den städtischen Sammlungen der Landeshauptstadt Düsseldorf, die ehemals über die Kunsthändler Julius Stern (1867–1934) oder seinen Sohn Max Stern (1904–1987) bzw. deren Galerie erworben wurden. Neben vier Werken, die heute Teil der Sammlung des Stadtmuseums sind, befinden sich alle anderen Gemälde und Papierarbeiten im Museum Kunstpalast.

Bei zwei dieser Werke hat die Max und Iris Stern Stiftung um eine Rückgabe ersucht:

Friedrich Wilhelm von Schadows "Selbstbildnis" (restituiert)
Im Sommer 2011 bat das "Holocaust Claims Processing Office" im Namen der Stern Stiftung um Auskunft hinsichtlich der Herkunft eines Selbstbildnisses des früheren Direktors der Düsseldorfer Kunstakademie, Wilhelm von Schadow (1788–1862), welches sich seit März 1973 im Stadtmuseum befand. Es zeigte sich, dass das Gemälde im Auftrag des jüdischen Galeristen Max Stern aus Düsseldorf im November 1937 auf der Auktion 392 im Kunstauktionshaus Lempertz in Köln angeboten worden war. In dieser Versteigerung versuchte Stern, den Bestand seiner Galerie bestmöglich zu veräußern, da ihm im September 1937 von der Reichskammer der bildenden Künste endgültig die Weiterführung seiner Galerie untersagt worden war. Laut Versteigerungsprotokoll wurde das Gemälde von Schadow nicht verkauft. Allerdings ist anzunehmen, dass das Werk noch von Max Stern selbst bis zur Aufgabe seiner Galerieräume im Dezember 1937 verkauft werden konnte. Die Stadt Düsseldorf würdigte die Gesamtumstände trotz Überlieferungslücke zwischen 1933 und 1937 sowie 1937 und 1946 als NS-verfolgungsbedingt und restituierte das Werk im November 2013. Es befindet sich heute als Dauerleihgabe der Stern Stiftung im Stadtmuseum Düsseldorf. Weitere Informationen unter: www.duesseldorf.de/kulturamt/provenienzforschung/auskunfts-und-restitutionsgesuche/friedrich-wilhelm-von-schadow-selbstbildnis.html

Friedrich Wilhelm von Schadows "Die Kinder des Künstlers"
Ein weiteres Restitutionsersuchen ging 2014 bei der Stadt Düsseldorf zu dem Gemälde "Die Kinder des Künstlers" (1830) von Wilhelm Schadow ein. Die Eigentumsverhältnisse zwischen 1933 und 1945 konnten nicht aufgeklärt werden. Die Landeshauptstadt Düsseldorf hat angeboten, in diesem Fall die Beratende Kommission anzurufen.

Nach derzeitigem Forschungsstand wurde das Gemälde nachweislich im Frühjahr 1931 im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen ausgestellt. Leihgeber der Ausstellung waren die Galerien Hans Bammann, Georg Paffrath, Dr. Schönemann und Julius Stern sowie die Kunsthandlung Leo Pauli. Sämtliche Exponate waren verkäuflich. Ob das Bild "Die Kinder des Künstlers" hier veräußert wurde, lässt sich anhand der verfügbaren Unterlagen bislang nicht nachweisen. Anschließend verlieren sich die Spuren des Werkes, bis es 1937 in einem Bildband über Porträts von Kindern im Langewiesche Verlag erstmals wieder auftauchte. Wegen der fotografischen Vorlage hatte sich der Verlag 1936 nach einem Hinweis des damaligen Direktors der Kunstsammlungen der Stadt Düsseldorf, Hans W. Hupp, nach dessen Kenntnis die Galerie Stern "das Bild vor Jahren verkauft" hatte, an die Kunsthandlung gewandt. Die Galerie Stern stellte ein Foto zur Abbildung zur Verfügung mit der Auflage, den Zusatz "Mit Genehmigung der Galerie Stern, Düsseldorf" oder "Aus dem Besitz der Galerie Stern, Düsseldorf" mit abzudrucken. Als das Buch 1937 schließlich erschien, war die Abbildung des Gemäldes mit dem Zusatz "Düsseldorf, Galerie Stern" versehen. Weitere Infos: www.duesseldorf.de/kulturamt/provenienzforschung/auskunfts-und-restitutionsgesuche/friedrich-wilhelm-von-schadow-die-kinder-des-kuenstlers-1830.html

Bei einem weiteren Werk hat die Max und Iris Stern Stiftung um Auskunft zur Provenienz des Gemäldes gebeten:

Heinrich Heimes "Sonnenuntergang an der Nordsee"
Die Herkunft des Gemäldes "Sonnenuntergang an der Nordsee" von Heinrich Heimes konnte vollständig aufgeklärt und nach Auffassung der städtischen Provenienzforschung kein Hinweis auf einen NS-verfolgungsbedingten Entzug festgestellt werden.

Das Werk wurde 1891 von Heinrich Heimes (1855–1933) geschaffen und verblieb zu Lebzeiten des Künstlers in dessen Eigentum. Nach derzeitigem Forschungsstand war es auch nach seinem Tod im Jahr 1933 Eigentum der Familie bis zum Zeitpunkt der Schenkung an das Städtische Kunstmuseum Düsseldorf (heute: Stiftung Kunstpalast) im August 1960. Es wurde auf testamentarischen Wunsch des Künstlers dem Museum durch die Stieftochter von Heinrich Heimes, Marga von Bochmann, vermacht. Die Provenienzrecherche war durch ein Auskunftsersuchen des Max Stern Art Restitution Projects für die Stern Stiftung veranlasst worden. Hier bestand der Verdacht, dass es sich bei dem im Kunstpalast befindlichen Gemälde um jenes Kunstwerk handelt, das auf der Versteigerung der Bestände der Galerie Stern am 13. November 1937 bei Lempertz in Köln als Los-Nr. 67 unter dem Titel "Abendstimmung an der Nordsee" zum Aufruf gekommen war. Der ähnliche Titel, die fast identischen Maße, die Technik sowie ein Etikett auf dem Keilrahmen des Werkes gaben Grund zu dieser Annahme. Es konnte jedoch durch intensive Recherchen ein Zusammenhang zwischen dem im Kunstpalast befindlichen sowie jenem im Auktionskatalog erwähnten Gemälde ausgeschlossen werden. Ob sich das Bild "Sonnenuntergang an der Nordsee" möglicherweise vorübergehend in Kommission bei der Galerie Stern befunden hatte, ließ sich nicht abschließend klären. Weitere Infos unter www.duesseldorf.de/kulturamt/provenienzforschung/auskunfts-und-restitutionsgesuche/heinrich-heimes-sonnenuntergang-an-der-nordsee-1891.html

Sämtliche Objekte, die ehemals von der Galerie Stern gehandelt worden sind und sich heute in Besitz der Stadt Düsseldorf befinden, sind im Ausstellungskatalog und online im Digitalen Kunst- und Kulturarchiv Düsseldorf mit dem aktuellen Forschungsstand zur Herkunft der Kunstwerke abrufbar: emuseum.duesseldorf.de/view/objects/aslist/6773

Darüber hinaus informiert die Website der Stabsstelle Provenienzforschung zu aktuellen und abgeschlossen Auskunfts- und Restitutionsersuchen: www.duesseldorf.de/kulturamt/provenienzforschung/auskunfts-und-restitutionsgesuche.html

Systematischen Überprüfung der Herkunft aller Kunst- und Kulturobjekte
Die Recherchen zu den Objekten aus der Galerie von Julius und Max Stern sind Bestandteil der systematischen Überprüfung der Herkunft aller Kunst- und Kulturobjekte in den Sammlungen der Stadt Düsseldorf. Zur Verstetigung dieses Anliegens ist im Oktober 2016 eine erste Planstelle für Provenienzforschung eingerichtet worden, die im Jahr 2019 personell und finanziell verstärkt werden konnte. Das aktuelle Team besteht aus fünf Mitarbeiterinnen. Aufgabe und Ziel der Stabsstelle Provenienzforschung ist es, alle städtischen Kunst- und Kulturinstitute in sämtlichen Belangen der Provenienzforschung zu unterstützen und zu beraten:
1. Provenienzrecherchen zu laufenden Auskunfts- und Restitutionsersuchen
2. Systematische Provenienzforschung zu vorhandenen städtischen Kunst- und Kulturgütern, welche vor dem 9. Mai 1945 entstanden sind und ab dem 30. Januar 1933 bis heute Eingang in die Sammlungen gefunden haben (unter anderem durch Kauf, Tausch oder Schenkung)
3. Prüfung der Provenienz von Neuerwerbungen, Schenkungen und Leihgesuchen sowie gegebenenfalls Deakzession
4. Interne sowie öffentlichkeitswirksame Vermittlung der Aufgaben und Ergebnisse der Provenienzforschung

Allgemeine Informationen zur Stabsstelle Provenienzforschung und ihre Aktivitäten gibt es unter: www.duesseldorf.de/kulturamt/provenienzforschung.html

 

 

On the exhibition “Deprived of rights and property. The art dealer Max Stern”

Provenance research on art dealers Julius and Max Stern in the Düsseldorf municipal art collections


According to the latest state of research, there are 36 paintings and 208 works on paper currently in the municipal collections of the state capital Düsseldorf which were formerly acquired through the art dealers Julius Stern (1867-1934), his son Max Stern (1904-1987) and their gallery. Aside from four works that are now part of the collection of the Stadtmuseum, all other paintings and works on paper are in the Museum Kunstpalast.

In the case of two of these works, the Max and Iris Stern Foundation has requested their return:

Friedrich Wilhelm von Schadow "Selbstbildnis" (restituted)
In the summer of 2011, the Holocaust Claims Processing Office requested information on behalf of the Stern Foundation concerning the provenance of a self-portrait by Wilhelm von Schadow (1788-1862), the former director of the Düsseldorf Art Academy, which had been in the holdings of the Stadtmuseum since March 1973. It turned out that the painting had been offered at auction 392 of the Lempertz art auction house in Cologne in November 1937 on behalf of the Jewish gallery owner Max Stern. In this auction Stern attempted to divest of his gallery’s holdings to his best advantage, as he had finally been prohibited from continuing his gallery by the Reich Chamber of Fine Arts in September 1937. According to the auction protocol the painting by Schadow was not sold. However, it can be assumed that the work could still have been sold by Max Stern himself up to the time of giving up his gallery space in December 1937. The City of Düsseldorf acknowledged the overall circumstances within the context of Nazi persecution despite a gap in provenance between 1933 and 1937 as well as between 1937 and 1946 and restituted the work in November 2013. Today the painting is on permanent loan from the Stern Foundation to the Stadtmuseum Düsseldorf. For further information, see: www.duesseldorf.de/kulturamt/provenienzforschung/auskunfts-und-restitutionsgesuche/friedrich-wilhelm-von-schadow-selbstbildnis.html

Friedrich Wilhelm von Schadow "Die Kinder des Künstlers"
The City of Düsseldorf received a further restitution request in 2014 for the painting "Die Kinder des Künstlers" ["The Artist’s Children"] (1830) by Wilhelm Schadow. The ownership situation between 1933 and 1945 could not be clarified. The state capital Düsseldorf has offered to refer the case to the Advisory Commission.

According to current research, the painting was verifiably exhibited in the spring of 1931 at the Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen [Art Association for Rhineland and Westphalia]. Lenders to the exhibition were the galleries Hans Bammann, Georg Paffrath, Dr. Schönemann and Julius Stern as well as the Leo Pauli art dealership and all works of art exhibited were for sale. Whether the painting "Die Kinder des Künstlers" was sold in the exhibition could not, on the basis of the available documents, until now be proven. Thereafter, traces of the work disappear until it first reappeared in 1937 in an illustrated book of portraits of children published by Langewiesche. With regard to the photograph of the artwork, the publishing house contacted the art dealer in 1936 following information supplied by Hans W. Hupp, then director of the art collections of the City of Düsseldorf, who stated that Galerie Stern had ‘sold the picture several years ago’. Galerie Stern provided a photograph for reproduction purposes on the condition that the caption ‘With permission of Galerie Stern, Düsseldorf’ or ‘possession of Galerie Stern, Düsseldorf’ be cited. When the book was finally published in 1937, the text ‘Düsseldorf, Galerie Stern’ accompanied the illustration of the painting. For further information see: www.duesseldorf.de/kulturamt/provenienzforschung/auskunfts-und-restitutionsgesuche/friedrich-wilhelm-von-schadow-die-kinder-des-kuenstlers-1830.html

In the case of another work, the Max and Iris Stern Foundation has requested information on the provenance of the painting:

Heinrich Heimes "Sonnenuntergang an der Nordsee"
The provenance of the painting "Sonnenuntergang an der Nordsee" ["Sunset on the North Sea"] by Heinrich Heimes was able to be fully clarified and, in the opinion of the municipal provenance research, no evidence of Nazi persecution-related dispossession was identified.

The work was painted in 1891 by Heinrich Heimes (1855-1933) and remained the property of the artist during his lifetime. According to the current state of research it stayed in the ownership of his family after his death in 1933 until it was donated in August 1960 to the Städtisches Kunstmuseum Düsseldorf (known today as the Stiftung Kunstpalast). It was bequeathed to the museum by Heinrich Heimes’ stepdaughter, Marga von Bochmann, in accordance with the artist’s testamentary wishes. The provenance research was instigated following a request for information from the Max Stern Art Restitution Project on behalf of the Stern Foundation. Suspicion existed that the painting in the Kunstpalast was the same work of art that had been offered at the auction of the Stern Gallery’s holdings on 13 November 1937 at Lempertz in Cologne as lot no. 67 with the title "Abendstimmung an der Nordsee" ["Evening Mood on the North Sea"]. The similar title, almost identical dimensions, the technique as well as a label on the stretcher gave reason for this assumption. However, detailed research ruled out any connection between the painting in the Kunstpalast and the painting specified in the auction catalogue. It could not be clarified conclusively whether the painting "Sunset on the North Sea" had possibly been temporarily on commission at the Galerie Stern. For further information see www.duesseldorf.de/kulturamt/provenienzforschung/auskunfts-und-restitutionsgesuche/heinrich-heimes-sonnenuntergang-an-der-nordsee-1891.html

All objects formerly traded by Galerie Stern and now in the possession of the City of Düsseldorf can be viewed in the exhibition catalogue as well as online in the Düsseldorf Digital Art and Culture Archive, along with the current state of research concerning the origin of the artworks: emuseum.duesseldorf.de/view/objects/aslist/6773

Furthermore, the website of the administrative department for provenance research provides information on current and completed requests for information and restitution: www.duesseldorf.de/kulturamt/provenienzforschung/auskunfts-und-restitutionsgesuche.html

Systematic analysis of the origin of all artworks and cultural objects
The research on objects from the gallery of Julius and Max Stern is part of the systematic analysis of the origin of all works of art and cultural objects in the collections of the City of Düsseldorf. In order to consolidate this matter, a first position was established for provenance research in October 2016 which was subsequently strengthened in terms of personnel and funding in 2019. The current team consists of five employees. The task and objective of the provenance research department is to support and advise all municipal art and cultural institutes in all matters of provenance research:
1. Provenance research relating to current requests for information and restitution
2. Systematic provenance research on existing municipal art and cultural assets that were created prior to 09 May 1945 and have entered the collections during the period 30 January 1933 to the present day (including via purchase, exchange or donation)
3. Examination of the provenance of new acquisitions, donations and loan requests, and deaccessions where appropriate
4. Internal and public communication of the tasks and findings of provenance research

General information on the provenance research department and its activities can be found at: www.duesseldorf.de/kulturamt/provenienzforschung.html

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