Ordnungsbehördliche Verordnung über die Festsetzung des Fisch- und Laichschonbezirks „Ruhe- und Laichgebiete der Wanderfische im Rhein“, in den Städten Dormagen, Duisburg, Düsseldorf, Monheim am Rhein, Voerde (Niederrhein) und Wesel
vom 18.09.2017

Amtsblatt der Bezirksregierung Düsseldorf (Abl. Reg. Ddf.) Nummer 39 vom 28.09.2017
Redaktioneller Stand: Januar 2018

Aufgrund des § 44 Absatz 1 Buchstabe a) und b) desLandesfischereigesetzes in der Fassung der Bekanntmachung

vom 22. Juni 1994 (GV. NRW. S. 516), zuletzt geändert durch Artikel 26 des Gesetzes vom 15. November 2016 (GV. NRW. S. 934), sowie
der §§ 12 und 27 des Ordnungsbehördengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 1980 (GV. NRW. S. 528), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. Dezember 2016 (GV. NRW. S. 1062) wird von der Bezirksregierung Düsseldorf als obere Fischereibehörde im Einvernehmen mit der oberen Wasserbehörde verordnet:

§ 1 Schutzzweck
(1) Die in § 2 näher bezeichneten Gebiete des Regierungsbezirkes Düsseldorf werden zum Fischschon- und Laichschonbezirk erklärt.

(2) Die Erklärung erfolgt für Gewässer und Gewässerteile, die für die Erhaltung des Fischbestandes oder bestimmter Fischarten von  besonderer Bedeutung sind und besonders geeignete Laichund Jungfischaufwuchsplätze darstellen. Darüber hinaus erfolgt die Erklärung auch zum Erhalt und zur Förderung einer fließgewässertypspezifischen und leitbild-gerechten Zusammensetzung der Rheinfischfauna, dabei insbesondere zur Förderung der im Ist-Zustand defizitären Leitarten (mind. 5 % Anteil an der Gesamtfischfauna) und typspezifischen sowie störungsempfindlichen Arten und Gilden:

  •  Aland (Leuciscus idus L.), Barbe (Barbusbarbus L.), Brasse (Abramis brama),Döbel (Squalius cephalus), Gründling(Gobio gobio), Güster (Blicca bjoernka),Hasel (Leuciscus leuciscus), Nase(Chondrostoma nasus L.), Rotauge (Rutilusrutilus), Ukelei (Alburnus alburnus).

Neben Wanderfischarten z.B. Maifisch (Alosa alosa L.), Lachs (Salmo salar L.), Aal (Anguilla anguilla L.), Finte (Alosa falax LACEPEDE),
Meerneunauge (Petromyzon marinus L.) Flussneunaugen (Lampetra fluvialis L.), Nordseeschnäpel (Coregonus oxyrinchus L.) und
Flunder (Platichthys flesus) sollen auch strömungsliebende potamodrome Arten mit Verbreitungsschwerpunkt im Rheinhauptstrom
(z.B. Flussbarsch (Perca fluviatilis), Kaulbarsch (Gymnocephalus cernua) gefördert werden. Das Habitatangebot im Rhein ist gegenüber
dem Leitbild stark eingeschränkt und weicht in der Fischfauna und in der Zusammensetzung der Fischgilden deutlich vom Leitbild
ab. Die Defizite liegen in der Zusammensetzung des Artenspektrums, bei der prozentualen Verteilung der Arten- und Dominanzstruktur sowie im Altersaufbau (Reproduktionserfolg) vor allem bei den Arten der Lang- und Mitteldistanzwanderfische.

(3) Insbesondere erfolgt die Erklärung zur Erhaltung und Förderung der Bestände der im Anhang II der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie, ABl. L 206 vom 22. Juli 1992, S. 7), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Richtlinie 2013/17/EU (ABl. L 158 vom 10. Juni 2013, S. 193), aufgeführten
und besonders schützenswerten heimischen Wanderfischart Maifisch (Alosa alosa L.). Zur Sicherung einer selbstreproduzierenden
Maifischpopulation (Wanderfischprogramm NRW) sind ausreichend Habitatstrukturen für die Reproduktionsphase (Laich- und Jungfischhabitate) sicherzustellen und vor weiteren negativen Veränderungen hinsichtlich ihrer Habitatstruktur und -qualität zu sichern.
Durch Ausbaggerung von Kies- und Schotterbänken zur Gewährleistung der Schifffahrt im Rhein als Bundeswasserstraße sind nur noch
eingeschränkt potenziell geeignete Maifischlaichplätze vorhanden. Diese finden sich in o.g. Abschnitten vor allem an den verbliebenen
unverbauten Innenbögen der Mäanderschlingen (sogenannte Gleithänge), wo sich ähnliche Tiefen-, Strömungs- und Substratverhältnisse
wie in intakten Maifischflüssen finden. Weiterhin handelt es sich um Teilabschnitte der Rheinufer mit Stillwasserbereichen und langsamer
Strömung über meist steinig-kiesigem Untergrund sowie Uferbereiche zwischen strömungsberuhigend wirkenden Buhnenfelder.

(4) Die o.g. Bereiche sind auch gleichzeitig strukturell günstige Aufenthalts- und Laichorte weiterer Wanderfischarten mit Reproduktionsdefiziten der typischen Rheinfischfauna.

§ 2 Schutzgebiet
(1) Die Fisch- und Laichschonbezirke umfassen jeweils die in den Karten (Anlage 1.1 – 1.7) dargestellten Flächen ab der Uferlinie gemäß
§ 6 Landeswassergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juni 1995, neu gefasst durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. Juli
2016, bis höchstens zur Mittelwasserlinie in den nachstehenden Teilabschnitten des Rheins:

  1. Rhein bei Monheim am Rhein, Kreis Mettmann, rechtes Rheinufer von Rhein-km
    710,3 bis Rhein-km 713,1
  2. Rhein bei Dormagen, Rhein-Kreis Neuss, linkes Rheinufer von Rhein-km 713,6 bis Rhein-km 716,0
  3. Rhein bei Düsseldorf, rechtes Rheinufer von Rhein-km 725,55 bis Rhein-km 728,6
  4. Rhein bei Düsseldorf, rechtes Rheinufer von Rhein-km 735,1 bis Rhein-km 736,8
  5. Rhein bei Düsseldorf, rechtes Rheinufer von Rhein-km 739,8 bis Rhein-km 742,5
  6. Rhein bei Düsseldorf, linkes Rheinufer von Rhein-km 743,2 bis Rhein-km 745,05
  7. Rhein bei Düsseldorf, rechtes Rheinufer von Rhein-km 750,5 bis Rhein-km 753,1
  8. Rhein bei Duisburg, rechtes Rheinufer vonRhein-km 764,8 bis Rhein-km 766,3
  9. Rhein bei Duisburg, rechtes Rheinufer von Rhein-km 784,6 bis Rhein-km 786,7
  10. Rhein bei Voerde (Niederrhein), Kreis Wesel, rechtes Rheinufer von Rhein-km 804,4 bis Rhein-km 806,6
  11. Rhein bei Wesel, Kreis Wesel, linkes Rheinufer von Rhein-km 813,05 bis Rheinkm 815,3.

(2) Die Fisch- und Laichschonbezirke sind in den beiliegenden Karten im Maßstab 1 : 25.000 (Anlage 1.1 bis 1.7) durch eine schwarz umrandete und schraffierte Fläche dargestellt. Die o.g. Karten sind Bestandteil dieser Verordnung. Diese kann während der Dienststunden

  • bei der Bezirksregierung Düsseldorf – obere Fischereibehörde –,
  • bei den Landrätinnen und Landräten der Kreise Mettmann und Wesel sowie des Rhein-Kreises Neuss, den Oberbürgermeisterinnen
    und Oberbürgermeistern der Landeshauptstadt Düsseldorf sowie der Stadt Duisburg – untere Fischereibehörde – , und
  • bei den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der Städte Dormagen, Monheim am Rhein, Voerde (Niederrhein) und Wesel
    eingesehen werden.


§ 3 Verbote
(1) In den Fisch- und Laichschonbezirken sind alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung oder Beeinträchtigung des Bestandes, oder zu einer Gefährdung oder Störung der Fortpflanzung oder der Wanderbewegung der Fische führen können.

(2) Soweit nicht in § 4 dieser Verordnung anders bestimmt, ist es insbesondere verboten:

  1. die Habitat-, Biotop- und Vegetationsstruktur der Gewässerränder und Uferbereiche (inkl. der mittleren Niedrigwasser-, Mittelwasser- und einjähriger Hochwasserlinie)zu verändern oder auf andere Art zu beeinträchtigen,
  2. den Boden und Untergrund zu verändern oder Substrate und Wasserpflanzen zu entnehmen,
  3. die morphologischen, hydrologischen, hydrodynamischen oder hydrochemischen Verhältnisse der Gewässer zu verändern, insbesondere eine Veränderungen der Strömungsbedingungen inklusive erhöhtem Wellenschlag vorzunehmen,
  4. Uferbefestigungen zu errichten, das Ausbringen von Blocksteine oder die Schaffung homogener Tiefenverhältnisse vorzunehmen
    oder sonstige wasserbauliche Veränderungen mit künstlichen und homogenisierenden Substraten zu erwirken,
  5. akustische Reize, Erschütterungen, Vibrationen oder andere mechanische Einwirkungen einzubringen oder zu verursachen,
  6. die Temperatur-, Trübstoff- und hydraulischen Verhältnissen z. B. durch Wasserentnahmen und -einleitungen zu verändern,
  7. gewässergefährliche Nähr- und Schadstoffe (u.a. Stickstoff- und Phosphatverbindungen, organische Verbindungen, Schwermetalle, Salze, Mikroschadstoffe, endokrin wirkende Stoffe und sonstige durch Verbrennungs- und Produktionsprozesse entstehende Schadstoffe) zu lagern, abzulagern oder einzubringen,
  8. die Schonbezirke mit nichtionisierender, elektromagnetischer, ionisierender oder radioaktiver Strahlung auszusetzen,
  9. bauliche Anlagen sowie sonstige Barrieren inkl. Einlass, Lande- und Ausstiegsstellen für den Wasser- und Modellsport zu errichten,
    zu ändern oder deren Nutzung zu verändern,
  10. Fischbesatz abweichend von § 14 der Landesfischereiverordnung vom 9. März 2010 (GV. NRW. S. 172), in der jeweils geltenden Fassung bzw. den im aktuellen Wanderfischprogramm in NRW vorgesehenen Artenhilfsmaßnahmen (z. B. für Maifisch, Aal) vorzunehmen,
  11. in den Gewässerabschnitten Bade- und Wassersport inkl. Tauchsport auszuüben,
  12. Uferabschnitte aufzuschütten, zu verfüllen oder abzugraben oder durch künstliche Veränderungen der Gewässersohle in Höhe,
    Breite und Tiefe vorzunehmen,
  13. Ver- und Entsorgungsleitungen zu errichten oder zu verändern.

§ 4 Nicht betroffene Tätigkeiten
(1) Unberührt und daher nicht betroffen von den Verboten des § 3 bleiben

  1. die ordnungsgemäße Ausübung des Fischereirechts nach den Vorschriften des Landesfischereigesetzes
    und der Landesfischereiverordnung in den jeweils geltenden Fassungen, dies beinhaltet auch die ganzjährige Erlaubnis zum Betreten der Uferbereiche und des Flussbettes zur Ausübung des Angelfischereirechtes;
  2. die hoheitlichen Aufgaben des Bundes nach dem Bundeswasserstraßengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Mai
    2007 (BGBl. I S. 962; 2008 I S. 1980), in der jeweils geltenden Fassung;
  3. Tätigkeiten im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 1 – 9 und 12 – 13, wenn und soweit diese den Bewirtschaftungszielen nach § 27 des
    Wasserhaushaltsgesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) und der Oberflächengewässerverordnung vom 20. Juni 2016
    (BGBl. I S. 1373) in den jeweils geltenden Fassungen entsprechen;
  4. Tätigkeiten und Vorhaben, soweit sie aufgrund einer wasserrechtlichen Entscheidung zulässig sind;
  5. Tätigkeiten im Rahmen der Ermittlung der Grundlage der Wasserwirtschaft (§ 89 Landeswassergesetz) und der Gewässeraufsicht
    (§§ 93 ff. Landeswassergesetz) im Benehmen mit der unteren Fischereibehörde;
  6. das Befahren der Bundeswasserstraße Rhein mit Wasserfahrzeugen nach den Bestimmungen des Bundeswasserstraßengesetzes;
  7. die von den unteren Naturschutz- und Fischereibehörden angeordneten oder genehmigten fischereilichen Hegemaßnahmen sowie die Entwicklungs-, Pflege- und Sicherungs- und sonstige Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege;
  8. die Unterhaltung einschließlich Instandsetzung von rechtmäßig bestehenden Anlagen, die der Schifffahrt oder dem Hochwasserschutz dienen, von Versorgungs- oder Entsorgungsleitungen einschließlich Fernmeldeeinrichtungen, von Rohrfernleitungsanlagen sowie von
    Brücken, Straßen, Wegen und Plätzen;
  9. die ordnungsgemäße Ausübung des Jagdrechts nach den Vorschriften des  undesjagdgesetzes
    in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. September 1976 (BGBl. I S. 2849), in der jeweils geltenden Fassung und des Landesjagdgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 07. Dezember 1994 in den jeweils geltenden Fassungen;
  10. sonstige bei Inkrafttreten dieser Verordnung rechtmäßig ausgeübte Nutzungen in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang.
    (2) Unberührt bleiben weitergehende Verbote aufgrund naturschutzrechtlicher Festsetzungen als geschützter Teil von Natur und Landschaft gemäß §§ 22 bis 30 des Bundesnaturschutzgesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542) in der jeweils geltenden Fassung durch Landschaftspläne oder Schutzverordnungen sowie aufgrund sonstiger Rechtsvorschriften.

§ 5 Ausnahmen
(1) Auf Antrag kann eine Ausnahme von den Verboten des § 3 dieser Verordnung erteilet werden, wenn

  1. dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich
    solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art notwendig ist,
  2. die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen der Fischerei und dem Schutzzweck dieser Verordnung vereinbar ist oder
  3. dies aus Gründen fischhegerischer oder wissenschaftlicher Art erforderlich ist.

(2) Auf Antrag ist für wassersportliche Aktivitäten oder Einlass-, Lande- und Ausstiegsstellen für Wasserfahrzeuge eine Ausnahme dann zu erteilen, wenn diese mit den Belangen der Fischerei und dem Schutzzweck dieser Verordnung vereinbar sind.

(3) Für die Erteilung der Ausnahme ist die obere Fischereibehörde zuständig.

§ 6 Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 7 Landesfischereigesetz handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen ein Verbot des § 3 dieser Verordnung verstößt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann gemäß § 55 Abs. 3 Landesfischereigesetz mit einer Geldbuße bis zu 5.000 € geahndet werden.

(3) Unabhängig davon wird gemäß § 324 des Strafgesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S.
3322), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 4 des Gesetzes vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3150), mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer unbefugt ein Gewässer verunreinigt oder sonst dessen Eigenschaften nachteilig verändert. Der Versuch ist strafbar. Handelt der Täter fahrlässig, so kann eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe erwirkt werden.

§ 7 Inkrafttreten
(1) Die Verordnung tritt gemäß § 33 Ordnungsbehördengesetz eine Woche nach dem Tage ihrer Verkündung im Amtsblatt für den
Regierungsbezirk Düsseldorf in Kraft.

(2) Die vorstehende ordnungsbehördliche Verordnung wird hiermit verkündet.

Bezirksregierung Düsseldorf
als obere Fischereibehörde
Im Auftrag
gezeichnet
Udo Hasselberg