Das Wuppertal Institut und Rupprecht Consult arbeiten im Rahmen des AP4 an den Themen betriebliches Mobilitätsmanagement, Digitalisierung und Multimodalität, neue Mobilitätsformen und zielgruppenspezifische Mobilität. Tippingpoints ist als Agentur für nachhaltige Kommunikation insbesondere für die Erarbeitung von Marketing-Maßnahmen zuständig.
Was ist in Ihrem Büro das liebste Verkehrsmittel?
Wuppertal Institut: Die Wuppertaler Schwebebahn, mit der man - sobald sie wieder ordnungsgemäß fährt - in Hauptverkehrszeiten im drei- bis vier-Minuten-Takt durch das Wupper-Tal schweben kann. Hierbei ist man nicht nur klima- und umweltfreundlich unterwegs, sondern erlebt die Wuppertalerinnen und Wuppertaler hautnah und erhält Einblicke in die Stadt aus ganz ungewöhnlichen, nur hier erfahrbaren Perspektiven. Und das Fahrrad, mit dem man nicht nur in Düsseldorf auf kurzen Wegen am schnellsten ist und dabei auch noch fit bleibt.
Rupprecht consult: Eindeutig das Fahrrad! Generell leben wir nachhaltiges Mobilitätsverhalten auch praktisch vor und wissen daher, wovon wir sprechen, wenn man zum Beispiel ohne Auto mobil sein möchte. Von unseren derzeit 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besitzen nur fünf ein Auto.
Welche Innovation im Bereich des städtischen Verkehrs müsste noch erfunden werden?
Wuppertal Institut: Die „grüne Welle“ für Fußgängerinnen und Fußgänger, also dass Querungsampeln automatisch auf grün stellen, wenn sich Fußgängerinnen und Fußgänger nähern - und damit der Fußverkehr Vorrang gegenüber dem Autoverkehr in der Stadt erhält. Für Radfahrerinnen und Radfahrer gibt es sie bereits - allerdings noch nicht in Düsseldorf, sondern in Kopenhagen.
Rupprecht consult: Das CO2-neutrale Beamen (mit Bewegungsanimation, um das Beamen zu starten). Technologisch ist schon viel möglich, daher sehen wir die Innovation eher im sozial-politischen Bereich, um die richtigen Anreize für ein nachhaltiges Mobilitätsverhalten bzw. die Mobilitätswende zu setzen. Zum Beispiel ein sozialgerechtes und nach dem Verursacherprinzip persönliches CO2-Budget, mit dem man aber auch in gewissem Umfang „Handel“ betreiben müssen könnte. Hierzu sind dann auch wieder viele technologische Lösungen, z. B. für Erfassung von Mobilitätsdaten, als „Enabler“ notwendig.
Welche Impulse gehen aus Ihrer Sicht von der COVID-19-Pandemie für den Stadtverkehr aus?
Wuppertal Institut: Ein bedeutender Impuls ist die Erkenntnis, wie wichtig eine hohe Lebensqualität im direkten Wohnumfeld ist - und das gerade in Großstädten. Stadt- und Straßenraum sollte nicht von Autos eingenommen werden, sondern den Menschen genügend Platz geben zum Radfahren, Spazierengehen und sich im Freien aufhalten. Außerdem bietet die veränderte Mobilität den Städten eine Chance, neue Wege zu gehen: Mit temporären „Pop-Up“-Radwegen können Kommunen ausprobieren, wie die Angebote angenommen werden, und die Erkenntnisse als Basis für eine zukunftsfähige Fahrradinfrastruktur nutzen.
Rupprecht consult: Wir hoffen, die richtigen. 2020 hatte der ÖPNV in Deutschland ca. 1/3 weniger Fahrgäste durch die Pandemie. Ein Teil ist verstärkt auf das Fahrrad – wohl als der größte Gewinner unter den Verkehrsmodi –, aber auch auf zu Fuß gehen „umgesattelt“. Der andere Teil wurde aber an den motorisierten Individualverkehr verloren. Hier gilt es nun, den ÖPNV verstärkt zu attraktivieren und mit neuen Mobilitätsservices rund um Sharing, Mobiliy as a Service (MaaS) zu einem nahtlosen Mobilitätssystem auszubauen, um dann nicht nur die verlorenen Fahrgäste zurückzugewinnen, sondern auch diejenigen anzusprechen, die seit jeher verstärkt auf das Auto als Transportmittel setzen, und zu einer Änderung des Mobilitätsverhaltens zu bewegen. Zudem hat die Krise verstärkt die Themen Verkehrsvermeidung durch Home-Office und Digitalisierung in der Mobilität als Handlungsfelder hervorgebracht. Hier sollten die Impulse aufgenommen werden und nachhaltig verankert bzw. ausgebaut werden.
Düsseldorf in 2030: Sie durchqueren vom Hauptbahnhof ausgehend die Stadt. Was ist anders, seit der Mobilitätsplan D umgesetzt wurde?
Wuppertal Institut: Die Option, vom Hauptbahnhof mit der U-Bahn ein paar Stationen bis zur Haltestelle Heinrich-Heine-Allee zu fahren, um in der Altstadt bummeln zu gehen, einen Kaffee zu trinken oder am Rhein entlang zu flanieren, wird deutlich weniger genutzt - weil die Menschen ihren Stadtspaziergang lieber direkt vom Hauptbahnhof aus über Tage beginnen: Entlang von verkehrsberuhigten und -reduzierten Straßen und Plätzen, die von Stadtgrün durchzogen werden und von zahlreichen Fußgängern und Radfahrern frequentiert werden. Zahlreiche Cafés laden schon hier zu einem Café im Freien ein, um das städtische Leben zu genießen.
Rupprecht consult: Definitiv weniger Autos im Stadtbild. Mehr Begegnungsfläche für Menschen statt Straßenraum und eine angenehmere Geräuschkulisse, die zum Verweilen in einem der Cafés einlädt.
Wie charakterisiert sich Ihr Büro: Turnschuh oder Budapester? Drohne oder selbstgebastelter Drachen? Riesenheuschrecke oder Schwalbe?
Wuppertal Institut: Im Büro in Turnschuhen, auf Dienstreisen in Budapestern, im Home-Office auf Socken: Am Wuppertal Institut findet man die unterschiedlichsten Kleidungsstile. Und der selbstgebastelte Drachen passt prima in den kleinen Urban Garden gleich hinterm Institut, der von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern liebevoll gepflegt wird und - ganz im Sinne der Biodiversität - hoffentlich möglichst vielen Tieren als Lebensraum dient, während er von der WI-Belegschaft und seinen Besucherinnen und Besuchern gerne zum Verweilen an der frischen Luft genutzt wird.
Rupprecht consult: Irgendwo zwischen Turnschuh und Drohne. Für offizielle Anlässe müssen wir uns eher „verkleiden“ im (Hosen)Anzug. Aber wir sind auch ein recht junges und dynamisches Büro, das irgendwo zwischen den Mobilitätstypen „Umweltbewusst ÖV- und Rad-affin“ und „Innovativ, technikaffin und multioptional“ angesiedelt ist. Aber Technologie ist für uns immer nur Mittel zum Zweck – und kein Selbstzweck – für die Entwicklung einer nachhaltigen urbanen Mobilität.
3 kurze Fakten: Was ist Ihr Lieblingsort in Düsseldorf?
Wuppertal Institut: Der Volksgarten als grüne Oase in der Stadt, zum Spazieren, Lesen und Picknicken.
Rupprecht consult: Der Japanische Garten im Nordpark.
Wie viele Jahre sind Sie im Bereich der städtischen Mobilität tätig?
Wuppertal Institut: Die Mitglieder des Projektteams forschen und beraten Kommunen bereits seit über 10 Jahren zu nachhaltiger Mobilität.
Rupprecht consult: Seit 25 Jahren.
In welcher Stadt der Welt ist die Städtische Mobilität am besten gelöst?
Wuppertal Institut: Die Stadt Wien mit einem gut ausgebauten ÖPNV, einem günstigen ÖPNV-Jahresticket für 365 Euro und umfangreicher Parkraumbewirtschaftung
Rupprecht consult: Schwierige Frage. Eventuell Utopia als eine Stadt, in der alles perfekt ist. Aber wir bringen mal Malmö, Utrecht und Wien ins Spiel (und natürlich Düsseldorf, wenn wir unseren Auftrag erfüllt haben), als sehr unterschiedliche Städte, aber alle mit einer sehr klaren und konsequenten Ausrichtung und Förderung auf nachhaltige Mobilität bzw. Mobilitätsverhalten.