Der Namensgeber Hans-Christoph Seebohm (1903-1967) war ein deutscher Politiker und Ingenieur. Er war Bundesminister für Verkehr (1949-1966) und Vizekanzler der BRD (1966).
Am 22.01.1980 wurde eine Straße nach ihm benannt.
Die Überprüfung Hans-Christoph Seebohms durch den wissenschaftlichen Beirat ergab:
Dem Namensgeber wird eine Nähe zum Rechtsextremismus nachgewiesen und er war ein Profiteur im Dritten Reich.
Kategorie A: schwer belastet/nicht haltbar
Hans-Christoph Seebohm hat sich in besonderem Maße um die Modernisierung der deutschen Verkehrssysteme in der Nachkriegszeit verdient gemacht und zählte „aus der Sicht von Experten zu den kompetentesten Fachministern der ersten beiden Jahrzehnte der Bundesrepublik.“ (Lange, S. 236) Gleichzeitig galt das Regierungsmitglied innen- und außenpolitisch als umstritten; Seebohms kontroverse und teils revisionistische Äußerungen führten wiederholt zu öffentlichen Diskussionen um seine Person. Von der historischen Forschung bislang vernachlässigt, werden das Wirken des ehemaligen Bundesverkehrsministers und seine Nähe zum NS-Regime seit 2017 vom Institut für Zeitgeschichte umfassend aufgearbeitet.
Nachdem im Zuge des „Münchener Abkommens“ 1938 das Sudetengebiet an das Deutsche Reich abgetreten worden war, erfolgte die Zerschlagung und Umstrukturierung der regionalen Montanindustrie. Von diesen Maßnahmen ...
... profitierte die Industriellenfamilie Seebohm, die als privater Investor Großaktionär der neu gegründeten „Egerländer Bergbau AG“ wurde und somit „arisiertes“ Eigentum übernahm. Obwohl die Rolle Hans-Christoph Seebohms in diesen Vorgängen nicht abschließend geklärt ist, legen überlieferte Dokumente nahe, dass der spätere Bundesverkehrsminister „die Erhöhung seiner Anteile zu Lasten der jüdischen Anteilseigner zumindest billigte, wenn nicht aktiv betrieb.“ (Packheiser, S. 99) Darüber hinaus existieren auch über Seebohms leitende Tätigkeiten in verschiedenen Unternehmen zwischen 1933 und 1945 nur spärliche Informationen. Fest steht, dass er 1934 sowohl in die „Deutsche Arbeitsfront“ (DAF, Organisation für Arbeitnehmer und -geber) als auch in den „Nationalsozialistischen Bund Deutscher Technik“ (NSBDT) eintrat und während des Zweiten Weltkriegs als „unabkömmlich“ vom Militärdienst zurückgestellt wurde. In seinem Entnazifizierungsverfahren räumte der sudetendeutsche Industrielle Finanzspenden an das Hitler-Regime ein, stritt aber den Erwerb von jüdischem Besitz ab und behauptete, aufgrund seiner „politischen Unzuverlässigkeit“ seit 1943 unter Beobachtung der Gestapo gestanden zu haben. Die zuständigen Ausschüsse stuften ihn daraufhin als vom Entnazifizierungsrecht nicht betroffen ein.
Nach Kriegsende schloss sich Hans-Christoph Seebohm der rechtskonservativen „Deutschen Partei“ (DP) an, die nicht nur die Politik der Entnazifizierung ablehnte und die Kriegsschuld der Deutschen leugnete, sondern auch den formalen Fortbestand des Deutschen Reiches propagierte und ehemaligen Nationalsozialisten eine politische Heimat bot. Als Mitglied des Parlamentarischen Rates unterstützte Seebohm Ende der 1940er Jahre Bestrebungen zur Abschaffung der Todesstrafe, um die Vollstreckung alliierter Todesurteile zu verhindern: „Vom weltanschaulichen Gesichtspunkt aus ist es insbesondere nach den Erlebnissen der letzten Jahre, nicht nur der Zeit bis 1945, sondern auch der Zeit seit 1945, eine unbedingte Notwendigkeit […].“ Obwohl er zu den „Vätern des Grundgesetzes“ zählte, lehnte Seebohm dessen Inhalt in Teilen ab; die DP hatte sich mit ihren Forderungen nach extrem förderalistischen Strukturen und der Verankerung des Eltern- und Heimatrechts in der Verfassung nicht durchsetzen können. 1949 zog der Politiker in den deutschen Bundestag ein und bekleidete bis 1966 durchgängig das Amt des Bundesverkehrsministers.
Ab 1950 setzte sich Hans-Christoph Seebohm als Vorstandsmitglied und später auch als Sprecher der „Sudetendeutschen Landsmannschaft“ zusätzlich für die Interessen der nach 1945 vertriebenen Sudetendeutschen ein. In seinen skandalträchtigen Sonntagsreden stellte der „revisionistische Hardliner“ (Margalit, S. 36) die Grenzen in Osteuropa infrage, erklärte das Sudetenland zu deutschem Territorium und äußerte sich positiv über Symbole des Nationalsozialismus: „Wir neigen uns in Ehrfurcht vor allen deutschen Menschen, die ihr Leben für ihr Vaterland geopfert haben und vor jedem deutschen Symbol, unter dem sie sich opferten.“ Seebohms radikale Äußerungen erregten auch im Ausland großes Aufsehen und brachten die deutsche Regierung nicht selten in Bedrängnis; insbesondere die Alliierten forderten wiederholt den Rücktritt des Bundesverkehrsministers. So erreichte Konrad Adenauer im Mai 1950 beispielsweise die Beschwerde eines britischen Hochkommissars, nachdem Seebohm die Beteiligung der britischen Besatzung an der Einführung des Grundgesetzes öffentlich angeprangert hatte. Trotz dieser Provokationen hielten der erste Bundekanzler und sein Nachfolger Ludwig Erhard an ihrem Minister fest, erleichterte dessen Kabinettsmitgliedschaft doch die politische Integration des rechtsnationalen Lagers. Nach dem Scheitern der Gespräche über eine engere Kooperation mit der CDU trat Hans-Christoph Seebohm zusammen mit anderen DP-Abgeordneten 1960 schließlich den Christdemokraten bei.