Bewegte Romantik - Filmreihe anlässlich des 250. Geburtstages von Caspar David Friedrich
| News Sammlung - Amt 41-214
Obwohl der romantische Maler Caspar David Friedrich (1774–1840) lange vor dem Aufkommen des bewegten Bildes lebte, ist sein Schaffen dennoch eng mit dem Medium Film verbunden. Sein Werk stellt einen maßgeblichen Bezugspunkt dar, der schon im frühen Film der Weimarer Republik evident wird und bis in heute in ganz verschiedenen Filmproduktionen aufflackert. Das Filmmuseum spürt anlässlich des 250. Geburtstages des Greifswalder Künstlers diesem Potpourri der Rekurse mit einer Auswahl von vier Filmen nach. Dabei finden sich beispielsweise Motive seines Œuvres wie das Meer, die Berge – oder abstrakter – die Weite, Sehnsucht und Unendlichkeit in den Filmen mit mehr oder minder expliziten Referenzen wieder. Aber auch die Kompositionen von Landschaften oder Charakteristika wie die Rückenfigur werden aus dem Medium des Ölbildes auf Zelluloid übertragen. Teilweise reichen die filmischen Verwandtschaften jedoch auch über diese konkreten Anleihen hinaus und setzen die großen Zusammenhänge des menschlichen Daseins, wie sie von den Romantiker*innen für die Moderne neu verhandelt wurden, oder gar bestimmte Ideologien ins Zentrum – letzteres besonders augenscheinlich in der NS-Rezeption der Malerei Friedrichs, die sich auch in der Filmproduktion dieser Zeit niederschlägt. Und manchmal sind es auch ganz einfache Verbindungen, die einer popkulturellen Begeisterung für Friedrichs Werk entstammen, wie sie besonders in diesem Jubiläumsjahr spürbar ist.
Das Programm:
SO 13.10. 15 Uhr | MI 30.10. 20 Uhr
DAS BLAUE LICHT
D 1932 · 85 min · DF · digitalDCP · FSK 12 · R: Béla Balázs, Leni Riefenstahl · B: Béla Balázs, Leni Riefenstahl, Carl Mayer · K: Hans Schneeberger · D: Leni Riefenstahl, Mathias Wieman, Beni Führer u.a.
In Mondlichtnächten schimmert es blau vom Monte Cristallo. Nachdem mehrere Männer auf der Suche nach dessen Ursprung verunglückt sind, wendet sich der Unmut der Dorfbewohner*innen gegen das Mädchen Junta, die als einzige den Weg kennt und bald als Hexe angefeindet wird. Als der Maler Vigo ihr in einer Nacht auf den Berg folgt, beginnt die Katastrophe. Als der Film 1932 in Venedig die Silbermedaille gewann, wies der Abspann noch Béla Balázs, einen Juden, als Regisseur aus – unter Mitarbeit von Leni Riefenstahl. Doch nach 1933 wurde sein Name wie auch der des Produzenten Harry Sokal gänzlich aus den Credits gestrichen und Riefenstahl trat fortan allein als Urheberin auf. Die vielfältigen Landschaftsaufnahmen des Films erinnern deutlich an die Bilder Caspar David Friedrichs, der in der NS-Zeit eine begeisterte Rezeption erfuhr, beschwören seine Gemälde mitunter jenen idealisierten Blick auf die „Heimat“, die von den Nazis propagiert wurde.
Einführung am 13.10.: Mira Claire Zadrozny (Filmmuseum)
SO 13.10. 17 Uhr | SO 20.10. 12.30 Uhr
SUBMERGENCE · GRENZENLOS
USA/D/F/E 2017 · 112 min · OmU · digitalDCP · FSK 12 · R: Wim Wenders · B: Erin Dignam · K: Benoît Debie D: Alicia Vikander, James McAvoy u.a.
Bevor der britische Geheimagent James More zu seiner nächsten Mission nach Somalia aufbricht, verbringt er eine Woche in einem Hotel an der französischen Atlantikküste. Hier trifft er die Meeresforscherin Danielle, die ebenfalls kurz vor dem Beginn einer wichtigen Reise steht: Mit einem Tiefseeboot taucht sie zum Grund des Ozeans, um Bakterien zu untersuchen, die neue und grundlegende Antworten über den Ursprung des Lebens versprechen. Während langer Gespräche verlieben sich beide in einander, bevor sie zu ihren jeweiligen Missionen aufbrechen. Wim Wenders ist es mit SUBMERGENCE gelungen, die Aktualität der Romanik im Heute erfahrbar zu machen. Dabei ist die anfängliche Szene vor Caspar David Friedrichs Gemälde Mönch am Meer nur der Auftakt zu einem Film, der vor allem mit dem Mittel der Kippfigur und dem Changieren zwischen dem Alltäglichen und dem Wunderbaren die großen Fragen des Seins verhandelt.
Einführung am 13.10.: Mira Claire Zadrozny (Filmmuseum)
SA 19.10. 19:00 Uhr
NOSFERATU – EINE SYMPHONIE DES GRAUENS
D 1922 · 101 min · dt. Zwischentitel · digitalDCP · FSK 12 · R: Friedrich Wilhelm Murnau · B: Henrik Galeen · K: Fritz Arno Wagner, Günther Krampf · D: Max Schreck, Gustav von Wangenheim, Greta Schröder u.a.
Thomas Hutter, Sekretär eines Maklers in Wisborg, reist nach Transsilvanien, denn sein Arbeitgeber hat einen Brief des Grafen Orlok erhalten, der ein Haus in Huttens beschaulicher Heimatstadt kaufen möchte. Doch nicht nur Huttens Frau Ellen hat ein ungutes Gefühl, auch die rumänischen Dorfbewohner*innen warnen den Reisenden vor den möglichen Gefahren. Doch der Sekretär reist unbeirrt weiter. In Friedrich Wilhelm Murnaus Meisterwerk wird das Grauen des Vampirs durch „den Einbruch des Dämonischen in die bürgerliche Idylle [ge]schildert“ (Lexikon des internationalen Films), eine bürgerliche Idylle, die narrativ in die Zeit des 19. Jahrhunderts verlegt wurde und mit ihren bildlichen Anleihen bei Caspar David Friedrich ein sehnsüchtig-verklärtes Bild erzeugt. Die Referenzen tauchen dabei nicht nur vage in den Aufnahmen der Landschaften auf, sondern werden ganz konkret, wenn beispielsweise Ellen gleichsam des Gemäldes Frau am Fenster in die Ferne blickt.
Daniel Kothenschulte (Köln) begleitet den Film am Klavier.
Einführung: Philipp Hanke (Filmmuseum)
SO 20.10. 17.30 Uhr | DO 31.10. 20 Uhr
VERBRANNTE ERDE
D 2024 · 101 min · DF · digitalDCP · ab 18 · R/B: Thomas Arslan · K: Reinhold Vorschneider · D: Mišel Matičević, Marie Leuenberger, Anja Schneider u.a.
Der Berufskriminelle Trojan ist zurück in Berlin und hat einen neuen Auftrag: den Diebstahl eines Gemäldes von Caspar David Friedrich. Was zunächst nach einem tollen Job klingt, erweist sich bald als waghalsiges Unterfangen, das auch durch den anonymen Auftraggeber zur Gefahr für Trojan und seine Bande wird. Thomas Arslans zweiter Teil der „Trojan-Trilogie“, der erst dieses Jahr auf der Berlinale Premiere feierte, ist Zeugnis eines popkulturellen Zugriffs auf Friedrichs Malerei. Der Akt Diebstahl wird durch die Bedeutung des gestohlenen Gutes symbolisch aufgeladen und bietet einen weiten Interpretationsspielraum, der vom schlichten Aufgreifen des Jubiläums bis zur Attacke auf das deutsche Kulturgut reicht. Auch die Verbindung der romantisch stillen Landschaften mit der actiongeladenen Handlung des Films stellt einen Bruch dar, der den Reiz von Arslans Film noch unterstreicht.
Einführung am 31.10.: Florian Deterding (Filmmuseum)